Stichwort: Konzilskonstitution "Sacrosanctum Concilium"
Es war das erste von den Konzilsvätern mit überwältigender Mehrheit angenommen Dokument und sollte sich auf das kirchliche Leben am deutlichsten auswirken: die Liturgiekonstitution "Sacrosanctum Concilium" (SC), der am 4. Dezember 1963 letztlich 2147 Konzilsväter ihr Ja gaben, bei nur vier Gegenstimmen. Noch am selben Tag wurde es in der ersten feierlichen "öffentlichen Sitzung" der bisherigen Konzilsperioden von Papst Paul VI. bestätigt und der Veröffentlichung übergeben, sodass schon bald danach mit der Umsetzung der Beschlüsse und der Erneuerung der begonnen werden konnte.
Es war gewiss kein zufällig gewählter Termin, denn genau 400 Jahre davor, am 4. 12. 1563, verabschiedete das Konzil von Trient seine liturgischen Beschlüsse, die in der lateinischen Liturgie der Westkirche 400 Jahre gelten sollten. Am Beginn des 20. Jahrhunderts entstand dann im katholischen Raum Europas - maßgeblich auch von Österreich beeinflusst - die "Liturgische Bewegung", auf die die Konzilsväter bei der Erneuerung der Liturgie aufbauen konnten.
Das klare Votum für die Liturgiekonstitution ist auch damit erklärbar, weil die Vorarbeiten dazu besonders gelungen waren und das Dokument in der theologischen Grundlegung eine zeitgemäß-pastorale Sprache wählte. Dies zeigt sich auch darin, dass entscheidende Passagen des Liturgiedokuments bis heute vielzitiert sind. Aus Österreich kamen bereits in der Vorbereitungsphase und dann beim Konzil selbst durch den Linzer Bischof Franz Zauner als Mitglied der Liturgiekommission wichtige Impulse.
Schon während des Konzils gab es ein beträchtliches öffentliches Interesse an liturgischen Einzelthemen. Sie betrafen die Möglichkeit der Konzelebration, der Kommunion unter beiden Gestalten, des Gebrauchs der Muttersprache bei wichtigen Teilen der Messfeier genau so wie die Möglichkeit der Anpassung liturgischer Riten für jene "alten Völker und junge Nationen", die nicht zum griechisch-römischen Kulturkreis gehören oder das grundsätzliche Bekenntnis zu einem gemeinsamen Ostertermin für die Christenheit.
Erneuerung der Kirche von innen her
Viel wichtiger war jedoch das Zentralanliegen der Liturgie-Konstitution: die Erneuerung der Kirche und der gottesdienstlichen Praxis von innen her. So heißt es schon im Vorwort des Dokuments: "Das heilige Konzil hat sich zum Ziel gesetzt, das christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen, die dem Wechsel unterworfenen Einrichtungen den Notwendigkeiten unseres Zeitalters besser anzupassen, zu fördern, was immer zur Einheit aller, die an Christus glauben, beitragen kann, und zu stärken, was immer helfen kann, alle in der Schoss der Kirche zu rufen. Darum hält es das Konzil auch in besonderer Weise für seine Aufgabe, sich um Erneuerung und Pflege der Liturgie zu sorgen" (Nr.1).
Bevor die Konstitution auf die einzelnen Ziele der liturgischen Reform zu sprechen kommt, vertieft sie sich in das "Wesen der heiligen Liturgie und ihre Bedeutung für das Leben der Kirche". Dabei wird in einer seelsorglich erklärenden Weise beschrieben, was sich In der Feier der Liturgie ereignet: Wie die Menschen durch sie am Heilsmysteriums Christi Anteil nehmen können (Nr. 5 und 6); wie die Gläubigen "in den liturgischen Handlungen" den Weg zu dem "seiner Kirche immerdar gegenwärtigen Christus" (Nr. 7) finden, und in welchen Weisen Jesus Christus in der Liturgie gegenwärtig ist.
Dann erst kommt die Konstitution auf ihre einzelnen großen Ziele zu sprechen. Die tätige Teilnahme ("actuosa participatio") aller beim Gottesdienst - innerlich und äußerlich, die größere Beachtung der Heiligen Schrift, die Formung der Liturgiefeier zur "Schule des christlichen Lebens". Alle Änderungen, die die Konstitution im einzelnen vorsieht, dienen der größeren Verständlichkeit, Klarheit, Durchsichtigkeit, und Einfachheit des liturgischen Vollzugs, "auf dass die Gläubigen bewusst tätig und mit geistlichem Gewinn daran teilnehmen."
Schließlich enthält das Dokument klare Regeln, auf welche Weise und durch welche kirchliche Autoritäten einzelne Punkte der liturgischen Erneuerung umzusetzen sind. Dies geschah bereits während des Konzils und gipfelte schließlich in der Approbation des neuen römischen Messbuches 1970.