Katholische Kirche hat von Reformation profitiert
Wenn die evangelischen Christen 2017 das 500-jährige Reformationsjubiläum feiern, dann ist das auch für Katholiken ein markantes Datum mit großes Bedeutung. Das betont der Generalvikar der Diözese Gurk-Klagenfurt, Engelbert Guggenberger, in einem Beitrag in der aktuellen Ausgabe der Kärntner Kirchenzeitung "Der Sonntag". Die Katholische Kirche habe vielfältig auch von der Reformation profitiert und es gebe viele Gründe, "weshalb Protestanten und Katholiken das Reformationsgedenken gemeinsam begehen können", so Guggenberger.
Auf die Themen Freiheit und Bildung als zwei wesentliche Errungenschaften der Reformation geht der Generalvikar näher ein. Freiheit sei der zentrale Wert im Bewusstsein des gegenwärtig lebenden Menschen. Guggenberger: "Freiheit steht bei uns an prioritärer Stelle und ist aus unserem gesellschaftlichen Leben nicht mehr wegzudenken. Doch die Entdeckung seiner Wichtigkeit verdankt Europa nicht zuletzt auch Martin Luther und der Reformation." Die Errungenschaften des modernen Rechtsstaates, der Gewissensfreiheit, der demokratischen Gesellschaftsordnung und ihrer Bindung an die Menschenrechte seien im Ansatz schon bei Luther zu finden, so der Generalvikar.
Hinsichtlich der Bildung weist Guggenberger auf Luthers Anliegen eines mündigen Glaubens hin. Die Voraussetzung dafür habe für den Reformator darin bestanden, "dass jede und jeder selbst die Bibel lesen konnte und so gebildet war, dass er den kleinen Katechismus, das Bekenntnis für den alltäglichen Gebrauch, nicht nur auswendig kannte, sondern auch weitergeben konnte und damit sprachfähig im Glauben war". Grundlage dafür sei Bildung für alle und nicht nur für wenige, die es sich leisten konnten oder durch den Eintritt in einen Orden die Chance zur Bildung erhielten.
Heute würde die Einstellung, wonach Glaube gebildeter und eigen verantworteter Glaube sein solle, jedoch auch das aktuelle Verständnis der Freiheit "zum Grundbestand katholischen Denkens" gehören, so Guggenberger, Nachsatz: "Und wir sind froh darüber!" Das protestantische Gegenüber sei deshalb für die Entwicklung der Katholischen Kirche "nicht selten auch ein positiver Faktor" gewesen.
In einer Reihe von Beispielen führte Guggenberger des weiteren auch noch an, was die Katholische Kirche an direkten Anliegen der Reformation aufgenommen und im Zweiten Vatikanischen Konzil umgesetzt habe: Die Sicht der Kirche als "Volk Gottes", das Verständnis der kirchlichen Ämter als Dienste sowie die tiefgreifende Überzeugung vom gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen. Dazu kämen noch die große Bedeutung, die dem Wort Gottes und der Heiligen Schrift wieder beigemessen wird oder der Gebrauch der Volkssprache in der Liturgie. Ebenso die Sicht von Kirche als "ecclesia semper reformanda".
Quelle: kathpress