
Christlicher Auftrag fordert Kirche Mut ab
Um ihren christlichen Auftrag zu erfüllen, braucht die Kirche viel Mut: Das hat Magdalena Holztrattner, die Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe), am Samstag bei der Tagung "Wandel gestalten" im St. Pöltner Bildungshaus St. Hippolyt dargelegt. Bei Katholiken beobachte sie oft Angst davor, Traditionen zu brechen, ausgelacht zu werden oder einen eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Diese gelte es jedoch zu überwinden: "Manchmal ist es die größere Sünde, keine Sünde begehen zu wollen", erinnerte Holztrattner an einen Ausspruch Dietrich Bonhoeffers.
Ein gutes Beispiel für Mut sah Holztrattner in Papst Franziskus mit Aussprüchen wie "Diese Wirtschaft tötet!". Auch ihre Gegenwartsanalyse, in der sie von Auswirkungen aller Handlungen im gemeinsamen Haus Erde auf alle sprach und Gleichgültigkeit gegenüber Missständen als schlimme Krankheit beschrieb, lehnte sich an Papstschreiben wie "Laudato si" und "Evangelii gaudium" an. Problematisch sei auch das konsumorientierte Denken, das "alles immer haben müssen" und die stete Suche nach dem Nutzen: Zurecht prangere der Papst hier die "Wegwerfgesellschaft" an, bei denen Menschen nur nach Kauf- oder Produktionskraft beurteilt und den "Wertlosen" die Menschenrechte etwa auf Boden, Leben, Asyl und gute Arbeit verweigert würden.
Die gegenwärtigen Veränderungen würden keine Vogel-Strauß-Politik, sondern einen Wandel verlangen, so die ksoe-Leiterin. Auf der Suche nach der Kraft zur Transformation könne Spiritualität Orientierung geben, zumal sie "Staunen und Wissen um Geschaffensein" vermittle. Eine ähnliche Funktion habe das Bewusstsein, mit anderen verbunden zu sein. Eine Aufgabe für die Kirche sei auch, "Räume zu schaffen für das Gefühl, das uns zu lebendigen Wesen in einer durchrationalisierten Welt macht", stellte Holztrattner fest. Schließlich erlaube auch das Einnehmen anderer Standpunkte Veränderungen, denn: "Der Dialog ist der einzige Weg gegen Kriege und Konflikte."
Die Sozialexpertin verwies auf Empfehlungen, die 33 Theologen im Schreiben "Wider die Resignation in der Resignation" gegeben hatten: Nicht schweigen bei Unrecht; selber handeln, nicht auf andere warten; nicht alleine, gemeinsam vorgehen, denn die Gruppe gibt Halt; Zwischenlösungen angehen und erste Schritte setzen; nicht aufgeben und kein "Bringt eh nix"-Denken, so einige der Impulse des bereits im Jahr 1972 veröffentlichten Dokuments. Wo Hoffnung fehle, gebe es Resignation, "aber wir könnten schon jetzt am Himmel mitarbeiten", so die ksoe-Direktorin. Es gehe dabei ums Tun, nicht ums Siegen, wie zahlreiche Lebensbeispiele des 20. Jahrhunderts aufgezeigt hätten, "um das Tun trotz aller Ausweglosigkeit".
Für den Wandel gebe es "keine Rezepte", doch könnten Haltungen wie Vertrauen, Mut und Engagement aus Angst und Resignation herausführen, stellte Angela Lahmer-Hackl, die Vorsitzende des Katholischen Bildungswerks der Diözese St. Pölten, bei der Tagung fest. Der Umgang mit dem Wandel sei auch eine Generationenfrage: Für die Jugend sei der Wandel heute das Normale, für ältere Menschen hingegen eine große Herausforderung. Es gehe darum, Veränderungen zu verstehen und sie nachhaltig handelnd zu begreifen.
Quelle: kathpress