Theologe Hoff ortet "Husarenstück" des Papstes
Als Papst Franziskus mit seinem Apostolischen Schreiben "Misericordia et misera" zum Abschluss des Jahres der Barmherzigkeit den Priestern der schismatischen Pius-Bruderschaft auf unbestimmte Zeit erlaubte, das Bußsakrament zu spenden, setzte er ein "Husarenstück": Zu dieser Einschätzung kommt der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff in seinem ausführlichen Kommentar in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche" (24.November). Der Pontifex habe damit gezeigt: "Franziskus ist nicht der theologisch Ahnungslose, als den ihn seine Kritiker hinstellen."
Franziskus verlängerte mit seinem Schreiben "auf eigene Rechnung" die Vollmacht, mit der Gläubige das Sakrament der Buße auch in Kirchen der Pius-Brüderschaft gültig empfangen können, wies Hoff hin. Die 1970 von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründete Gruppe katholischer Traditionalisten weigern sich weiterhin, wegweisende Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils wie Religionsfreiheit oder Liturgiereform anzuerkennen. "Wieder einmal scheint dieser Papst nicht als Theologe zu denken, sondern bis zum kirchlichen Selbstwiderspruch auf Barmherzigkeit zu setzen", gab Hoff den - allerdings vordergründigen - Eindruck mancher Beobachter wieder. "Aber vielleicht agiert Franziskus doch feinsinniger, als es eben den Anschein hat, und denkt auch subtiler, als es manchem Kritiker einfällt."
Laut dem Salzburger Professor für Fundamentaltheologie und Ökumene schließt die franziskanische Strategie der Barmherzigkeit in diesem Fall eine "subversive jesuitische Taktik" ein. Wenn der Papst der Pius-Brüderschaft den "guten Willen ihrer Priester" zur Verwirklichung voller kirchlicher Gemeinschaft unterstelle, für die freilich klare Bedingungen aufrecht bleiben, habe er sie "ins kirchliche Geschirr gespannt".
Lackmustest für "guten Willen"
Franziskus hole die Pius-Brüder nicht einfach zurück ins Boot, so Hoff. Er setze vielmehr auf einen Prozess, für den er die Pius-Brüder mit der Handlungsmaxime "guten Willens" in Haft nehme. "Wenn sie auf dem eingeschlagenen kirchlichen Weg mitgehen wollen, müssen sie mit dem Angebot des Papstes unter dem Vorzeichen der höchstrangigen 'kirchlichen Einheit' mehr akzeptieren, als sie bisher bereit waren: nämlich die Lehrautorität eines Papstes, der konsequent im Geist des Konzils argumentiert." Auch wenn die Pius-Brüder dies für sich anders deuteten, "entkommen sie der Pragmatik dieser Richtungsentscheidung nicht".
Dieser Papst mute seiner Kirche wirklich etwas zu, befindet Hoff. Er schaue "unverbesserlich" zuerst auf die Not konkreter Menschen und unter dieser Voraussetzung dann auf den institutionell verbürgten Rahmen. Das pastorale Angebot des Papstes entspreche auch der Logik des nachsynodalen Schreibens "Amoris laetitia": Die Bedeutung des Evangeliums offenbart sich dort, wo Menschen auf erlösenden und heilsamen Zuspruch angewiesen sind. Barmherzigkeit sei hier der Schlüsselbegriff.
Das Pontifikat von Franziskus bringe Dogma und Pastoral, Glaube und Lebenswirklichkeit in ein spannungsreiches, aber auch produktives neues Verhältnis zueinander, erklärte Hoff. Es "ändert tatsächlich alles" - auch wenn Details manchmal unzusammenhängend oder unpassend erschienen. "Aber wer bis an die Grenzen gehen will wie der Papst vom anderen Ende der Welt, kann keine halben Sachen machen", schloss der Theologe.
Quelle: kathpress