Benedikt XVI. wird am Ostersonntag 90
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. feiert am 16. April seinen 90. Geburtstag. Vatikan-Beobachter weisen auf die datumsmäßige Symbolik hin, denn der Geburtstag fällt auf den Ostersonntag. Der deutsche Papst hatte es mit seiner nüchternen Art des nordeuropäischen Theologen und Intellektuellen sicherlich schwerer als sein Nachfolger, die Herzen der Menschen zu erobern. Aber er verschaffte sich durch seinen Intellekt und seine menschliche Bescheidenheit weltweit Anerkennung. Papst Franziskus wird voraussichtlich in einer der österlichen Angelusansprachen auf dieses Ereignis Bezug nehmen.
Biografische Notizen
Benedikt XVI. wurde als Joseph Alois Ratzinger am 16. April 1927 im oberbayerischen Marktl geboren. Sein Vater war Gendarmeriemeister, seine Mutter Köchin. Kindheit und Jugend verbrachte er hauptsächlich in Traunstein. 1943 wurde Joseph Ratzinger als Luftwaffenhelfer eingezogen, dann zum Reichsarbeitsdienst zur Errichtung des Südostwalls verpflichtet. Den eigentlichen Wehrdienst leistete er 1945 in Bayern ab. Er verließ noch vor der Kapitulation die Kaserne und kehrte nach Traunstein zurück. 1945 kam er kurzzeitig in amerikanische Kriegsgefangenschaft nach Neu-Ulm, aus der er am 19. Juni 1945 entlassen wurde.
Als Seminarist des damals in Traunstein ansässigen diözesanen Knabenseminars machte er 1946 die Matura am örtlichen Chiemgau-Gymnasium. 1946 bis 1951 absolvierte der Papst das Theologie- und Philosophiestudium in Freising und München. Gemeinsam mit seinem Bruder Georg empfing er am 29. Juni 1951 in Freising die Priesterweihe. Die Promotion in München folgte 1953. Vier Jahre später habilitierte sich Ratzinger im Fach Fundamentaltheologie und trat eine Professur in Freising an. 1959 wurde er an die Universität Bonn berufen, 1963 nach Münster.
Während des Konzils (1962-65) war Ratzinger Berater und Redenschreiber des Kölner Kardinals Joseph Frings (1887-1987). Er vertrat eine reformfreudige Auffassung und wandte sich gegen die neoscholastische Erstarrung Roms.
1966 erhielt der bereits berühmt gewordene Konzilstheologe auf Empfehlung Hans Küngs einen Lehrstuhl für Dogmatik in Tübingen. Aus Vorlesungen aus dieser Zeit für die Hörer aller Fakultäten entstand sein 1968 veröffentlichtes Buch "Einführung in das Christentum".
Unmittelbar betroffen von den Studentenprotesten der ausgehenden 1960er-Jahre, folgte Ratzinger 1969 dem Ruf an die neue Universität Regensburg, die zwei Jahre vorher eröffnet worden war. Dort lehrte er Dogmatik und Dogmengeschichte. Einer seiner Studenten war Christoph Schönborn.
Papst Paul VI. ernannte Ratzinger am 25. März 1977 zum Erzbischof von München und Freising. Drei Monate später erhielt der erst 50-Jährige die Kardinalswürde.
Im November 1981 berief Johannes Paul II. Kardinal Ratzinger zum Präfekten der Glaubenskongregation und damit zum höchsten Glaubenshüter. Er begann in diesem Amt die theologische Auseinandersetzung mit der lateinamerikanischen Theologie der Befreiung und führte u. a. Gespräche mit Leonardo Boff. Es kam zu keiner Klärung, Boff erhielt Lehrverbot.
1986 vertraute Johannes Paul II. Ratzinger auch den Vorsitz der Kommission für den Weltkatechismus an. Sein engster Mitarbeiter als Redaktionssekretär wurde Christoph Schönborn, der 1991 zum Weihbischof ernannt worden war.
Wahl am 19. April 2005 2002 wurde Ratzinger Dekan des Kardinalskollegiums im Vatikan. In dieser Funktion leitete er am 8. April 2005 die Begräbnisfeierlichkeiten für Johannes Paul II. und rief die Kardinäle zum Konklave. Am 19. April 2005 wählten die Kardinäle Joseph Ratzinger an die Spitze der katholischen Kirche. Er nahm den Namen Benedikt an und trat am 24. April 2005 sein Amt an.
Benedikt XVI. wollte die Kirche nach dem bewegten Jahren unter Johannes Paul II. wieder in ruhigeres Fahrwasser führen. Zu den Hauptanliegen des Pontifikats gehörte es, die vielen Aufbrüche der Wojtyla-Jahre zu vertiefen, theologisch auszuloten und abzusichern.
Schon bald aus dem Schatten seines Vorgängers
Schon bald gelang es ihm, aus dem Schatten seines Vorgängers zu treten. Er akzentuierte in seinem Pontifikat manches anders, insbesondere in die Debatte um das Erbe des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Aufbrüche und neue Ideen sollen ins Gesamtgeflecht der Kirche und ihrer Tradition eingeordnet werden. Das Konzil ist für ihn nicht Bruch sondern eine Etappe in der 2000 jährigen Kirchengeschichte. Dazu gehörte auch sein Bemühen um eine Aussöhnung mit den Traditionalisten. Durch eine breitere Einführung der "alten Liturgie" von 1962 wollte er ihnen entgegenkommen.
Benedikt XVI. unternahm 24 Pastoralreisen in alle Welt - unter anderem besuchte er im September 2007 Österreich. Er führte die Weltjugendtage weiter und lud zu einem interreligiösen Friedensgipfel nach Assisi ein. Starke "politische" Akzente setzte sein Pontifikat in Richtung Nahost.
Gefestigt und ausgebaut hat Benedikt XVI. die ökumenischen und interreligiösen Kontakte. Die Beziehungen zum Judentum waren inzwischen so stabil, dass sie auch schweren Belastungen standhielten, wie nach dem Williamson-Skandal oder dem Streit um die Karfreitagsfürbitte. Auch das Verhältnis zum Islam, das nach der Regensburger Rede (2006) mit dem Mohammed-kritischem Zitat einen Einbruch erlebte, erfing sich wieder.
Bittere Zeiten musste Benedikt XVI. 2009 durchleben, als aus der Rücknahme der Exkommunikation für die Traditionalisten ein medialer Super-Gau entstand: Denn unter den "Eingeladenen" war auch der Holocaust-Leugner Richard Williamson. Die folgenden Missdeutungen, Entschuldigungen und Neustrukturierungen hinterließen Schrammen. Allerdings führte dieser Eklat mittelfristig zu einer neuen Versachlichung und in einen theologischen Dialog mit den Traditionalisten.
Noch dramatischer wirkte ein Jahr später das Aufbrechen des Missbrauchsskandals: Erst nach Monaten gelang es Rom, die seit 2001 geltende und durch Kardinal Ratzinger angestoßene Rechtslage und die kirchliche Praxis darzulegen.
Seit Beginn 2012 hatte der Vatikan dann mit "Vatileaks" und dem Verrat geheimer Dokumente durch den päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele ein neues Problem.
Entscheidung überraschte die Kardinäle
Für die Ankündigung des Rücktritts (11. Februar 2013) wählte Benedikt XVI. einen Zeitpunkt, an dem sich die Wellen der Erregung wieder etwas geglättet hatten. Denn er wollte - so hatte er in seinem Interview-Buch mit Peter Seewald betont -, die Kirche im Fall eines Rücktritts keinesfalls in einer Situation der Gefahr verlassen.
In seiner Entscheidungsankündigung von 11. Februar 2013, die die anwesenden Kardinäle überraschte, sagte Benedikt XVI. auf Latein, dass seine Kräfte aufgrund des Alters nicht mehr ausreichend wären, um ordnungsgemäß seinen Dienst auszuüben, und dass dieser am 28. Februar 2013 enden werde. Der letzte endgültige Verzicht auf das Papstamt war mit dem Rücktritt von Gregor XII. im Jahr 1415, als Folge des Konzils von Konstanz, erfolgt.
Der emeritierte Papst wohnt seit vier Jahren im ehemaligen Kloster "Mater Ecclesiae" in den vatikanischen Gärten. Papst Franziskus äußerte mehrfach Lob für seinen Vorgänger. Bei einer Audienz für Großeltern im Heiligen Jahr etwa erinnerte er an das geistliche Lebenszeugnis des Vorgängers. "Lasst uns auf Benedikt schauen, der sich entschlossen hat, die letzte Phase seines Lebens im Gebet zu verbringen und im Hören auf Gott. Das ist schön", sagte er.
Den Sommer 2015 verbrachte Benedikt XVI. in Castel Gandolfo, 2016 aber wieder im Vatikan. Sein letzter öffentlicher Auftritt war die Begegnung mit den neuen Kardinälen beim Konsistorium im November 2016.
Benedikt XVI. führte die katholische Weltkirche in einer schwierigen Zeit. Er rieb sich durch ein intensives Arbeitspensum physisch auf. Er hatte es mit seiner nüchternen Art des nordeuropäischen Theologen und Intellektuellen sicherlich schwerer als sein Nachfolger, die Herzen der Menschen zu erobern. Aber er verschaffte sich durch seinen Intellekt und seine menschliche Bescheidenheit weltweit Anerkennung. Von daher war seine Amtszeit keinesfalls ein Übergangspontifikat.
Quelle: kathpress