"Karfreitags-Debatte": Evangelische Kirche kritisiert fehlende Einbindung
Die Evangelische Kirche in Österreich kritisiert die rechtliche Vorgangsweise im Streit um den Karfreitag als arbeitsfreien Tag und fürchtet den Verlust des für Protestanten wichtigen Feiertages. Das unterstrich der evangelische Synodenpräsident Peter Krömer in einer Stellungnahme gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epdö) am Dienstag. Er reagierte damit auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) am Montag, die damit zusammenhängenden europarechtlichen Fragen durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) prüfen zulassen. Für die Beibehaltung der bestehenden Regelung, wonach der Karfreitag nur für evangelische und altkatholische Christen arbeitsfrei ist, hatte sich zuletzt auch Kardinal Christoph Schönborn im Interview mit der "Wiener Zeitung" ausgesprochen.
Auslöser für das Rechtsverfahren ist die Klage eines Mannes, der selbst ohne religiöses Bekenntnis ist, weil er am Karfreitag etwa im Gegensatz zu Protestanten arbeiten muss. Der Kläger begehrt, dass ihm für seine Arbeit am Karfreitag zusätzlich zum normalen Arbeitsentgelt auch das Feiertagsentgelt ausgezahlt wird, so wie das für evangelische Christen gelte, wenn diese den für sie arbeitsfreien Karfreitag nicht in Anspruch nehmen und trotzdem arbeiten. Der Kläger beruft sich dabei auf das Vorliegen einer angeblichen Diskriminierung, die er aus der Richtlinie der Europäischen Union über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf aus Gründen der Religion ableitet.
Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Recht und sprach dem Kläger das begehrte Feiertagsentgelt zu. Weil in letzter Instanz der OGH jetzt Zweifel hat, ob die Sonderstellung für Angehörige der evangelischen Kirchen eine Diskriminierung des Klägers aus Gründen der Religion darstellt, habe man beschlossen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu stellen, hieß es dazu am Montag seitens des Höchstgerichts. Das Verfahren vor dem OGH ist bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des EuGH unterbrochen.
"Beachtliche Rechtsschutzlücke"
Kritik an der Vorgangsweise kommt vom evangelischen Synodenpräsidenten: Mit der EuGH-Entscheidung werde jetzt über die Religionsausübung der Evangelischen an dem für sie sehr wichtigen und für ihren Glauben äußerst bedeutenden Feiertag entschieden, ohne dass die Evangelischen Kirchen in Österreich in diesem Verfahren auch nur gehört werden, wandte Krömer ein.
Es werde in einem Rechtsstreit eines Arbeitnehmers, der keiner Kirche oder Religionsgemeinschaft angehört, gegen dessen Arbeitgeber auf Ausbezahlung von Feiertagszuschlägen am Karfreitag "ohne Mitwirkung und ohne Anhörung der Evangelischen Kirchen in Europa" letztlich entschieden, ob die Evangelischen in Österreich und Europa jeweils als Minderheitskirche den für ihre Identität essenziellen Karfreitag als Feiertag feiern dürfen oder nicht. "Hier zeigt sich eine beachtliche Rechtsschutzlücke, die der gesamten Angelegenheit einen schalen Beigeschmack gibt", so der Synodenpräsident.
Die EuGH-Entscheidung könne Auswirkungen auf die Evangelischen in Österreich, aber auch europaweit auf alle evangelischen Minderheitskirchen haben, erklärte der im Zivilberuf als Rechtsanwalt tätige Krömer und hielt fest: "Als Konsequenz des Rechtsstreits könnte der für die Identität der Evangelischen wichtige Karfreitag als gesetzlicher Feiertag auch aufgehoben werden."
Quelle: Kathpress