St. Pölten: Küng würdigt Pädagogik-Pionierin Margarete Schörl
Die Grundprinzipien von Margarete Schörl (1912-1991), einer der großen heimischen Pionierin der Kleinkindpädagogik, sind auch heute noch höchst aktuell. Das hat der St. Pöltner Bischof Klaus Küng betont. Er stand einem Gottesdienst im Rahmen der Schörl-Tage vor, die am Freitag in St. Pölten zu Ende gegangen sind. Margarete Schörl habe als Grundprinzip die Respektierung der Persönlichkeit jedes einzelnen Kindes sowie die Förderung seiner positiven Eigenschaften und Fähigkeiten gehabt. Jedes Kind sollte einen Raum finden, in dem es sich entwickeln kann. Die Ordensfrau habe ihre Seminare gerne mit den Worten beendet: "Bleiben Sie in der Liebe". Das sei ein sehr wichtiger Rat für Eltern, Erzieher und Pädagogen, so Küng.
Wörtlich sagte der Bischof:
In der Liebe bleiben bedeutet, sich nicht von Ungeduld oder gar Zorn leiten lassen, auch nicht einfach immer sofort durchgreifen, sondern die Bedürfnisse der Kinder wahrnehmen, auch ihre Verletztheit und möglichen Traumatisierungen.
Zugleich gelte es auch, diese Liebe spüren zu lassen wenn es notwendig sei, Grenzen zu setzen. Schörl sei auch der religiöse Aspekt sehr wichtig, gewesen, "wobei sie darauf geachtet hat, dass die Botschaft aufbauend, gewinnend und positiv war."
Er sei zutiefst davon überzeugt, so der Bischof, dass gerade diese Pädagogik für die Kinder heute und deren Eltern eine große Chance darstelle. Es gehöre zu den sehr großen Herausforderungen in den kirchlichen Einrichtungen, kirchlichen Kindergärten und Schulen, "von Neuem über ihr pädagogisches Profil nachzudenken, damit allen, die in diesen Einrichtungen Aufnahme finden, jene Hilfe zuteil wird, die sie erwarten bzw. auf die sie eigentlich ein Recht haben".
Die Schörl-Tage in der Bundesbildungsanstalt für Sozialpädagogik und Elementarpädagogik mit zahlreichen Pädagogik-Workshops, Vorträgen und Diskussionsrunden waren zugeich der Start des Erasmus-EU-Projektes mit Partnern aus Deutschland und Italien. Bei einem Festakt wurde zudem eine Schörl-Büste enthüllt. Die niederösterreichische Bildungslandesrätin Barbara Schwarz verwies dabei auf einen Kernsatz Schörls: "Selber denken macht gescheit." Jedes Kind sei einzigartig und solle gestärkt werden. Die Politikerin erinnerte auch an die Wirkungszeit der Pädagogin - nämlich die 1950er-Jahre, die von autoritärem Denken und Angstmacherei geprägt gewesen sei. Bahnbrechend sei bei Schörl gewesen, dass sie Kindern etwas zugetraut habe. Sie habe die Kleinen ermutigt, sich selbst ihre Welt zu bauen und ihnen dafür die Mittel zu geben und sie sollten in ihrem Rahmen Entscheidungen treffen können.
Margarete Schörl erlebte ein typisch österreichisches Schicksal: im Ausland gefeiert, in der Heimat vergessen. 1912 in Wien geboren, wuchs sie nach dem frühen Tod ihrer Eltern bei Verwandten nahe Krems auf. Mit 21 Jahren trat sie dem Orden der "Englischen Fräulein" (heute: Congregatio Jesu) bei, ließ sich als Kindergartenpädagogin ausbilden und leitete im Institutshaus des Ordens einen "Versuchskindergarten für Erziehungsreform". Zur Pionierin der offenen Kindergartenpädagogik wurde Schörl mit Konzepten wie der "nachgehenden Führung" oder dem "Raumteilverfahren", wobei sie auf den Grundsätzen Menschenwürde, Solidarität, Gemeinwohl, Subsidiarität, Freiheit und Verantwortung aufbaute. Die Erkenntnisse der 1991 in St. Pölten verstorbenen Ordensfrau prägten die deutschsprachige Kindergartenpädagogik wesentlich.
Quelle: kathpress