Sozialethiker: Mehr Augenmerk auf Transportkosten legen
Die Wirtschaft muss nicht nur wirtschaftsgerecht, sondern gleichzeitig menschengerecht, umweltgerecht und zukunftsgerecht sein. Denn mit der Art, wie heute gewirtschaftet werde, "wird wesentlich die Gesellschaft der Zukunft mitbestimmt": Das betont der Grazer Professor für Ethik und Gesellschaftslehre Leopold Neuhold in einem Interview für die Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" (Ausgabe 8. Oktober). Bereits am 4. Oktober ging die jährliche fünfwöchige kirchliche "Schöpfungszeit" zu Ende, die sich u.a. mit umwelt- und zukunftsgerechter Ökonomie befasst.
Neuhold nannte als Beispiel für eine gegenteilige Praxis die Kostenminimierung beim Transport. "Die Folgekosten des weltweiten Transportes werden sozialisiert. Damit sind die Kosten viel zu günstig, obwohl die Transporte etwa schwere Umweltschäden verursachen, für deren Behebung dann andere aufkommen müssen."
In diesem Zusammenhang verteidigte der Theologe und Sozialethiker Papst Franziskus und dessen Wort "Diese Wirtschaft tötet!". Der Papst habe nicht die Wirtschaft an sich gemeint, sondern die globale Wirtschaft, "wie sich derzeit zeigt". Die enge Sichtweise auf den reinen Profit führe "tatsächlich dazu, dass sie tötet".
Von Lobbyisten werde oft der Anschein erweckt, dass ein Mehr an Ethik ein Weniger an Wirtschaft oder Gewinn ergebe, so Neuhold: "Das ist meines Erachtens ein Fehler. Ethisch ist auch, wenn ich meine Mitarbeiter und Kunden gut behandle. Das ist ja unbestritten ein Erfolgsbaustein." Es wäre aber problematisch, wenn Ethik nur dann angewandt würde, wenn sie dem wirtschaftlichen Erfolg diente - "das wäre eine sehr kurzsichtige Vorgehensweise".
Dies gelte auch im genannten Beispiel: "Wenn ich nur deswegen gut mit meinen Mitarbeitern umgehe, damit sie länger arbeiten oder weniger krank sind, dann wäre das der falsche Ansatz. Ethik muss die Hintergrundfolie abgeben, auf der Wirtschaft sehr viel positiver gestaltet werden kann, als dies heute noch vielfach geschieht."
Insgesamt sieht Neuhold jedoch große Fortschritte: "Die Richtung ist grundsätzlich sehr positiv. Es gibt heute schon viele Unternehmen - große wie kleine -, die Nachhaltigkeitsberichte verfassen, Ethikzertifikate anstreben usw. Das sind positive Signale."
Quelle: kathpress