Theologe Beck präsentiert Buch über Krebs und Spiritualität
Jeder vierte Mensch wird im Laufe seines Lebens mit der Diagnose Krebs konfrontiert und weltweit wird intensiv nach den Ursachen und Therapiemöglichkeiten geforscht. Hat Krebs aber auch eine geistlich-spirituelle Dimension? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Theologe, Mediziner, Pharmazeut und Philosoph Matthias Beck in seinem neuen Buch, das er am Donnerstag in Wien gemeinsam mit dem renommierten Theologen und Mediziner Johannes Huber präsentierte. "Es war mein schwierigstes Buch und es ist das heikelste Thema", sagte der in Wien lehrende Moraltheologe mit Blick darauf, dass er selbst mit Missverständnissen und falschen Erwartungshaltungen bei Lesern zur Kernthese seines Buches rechnet. Sie lautet:
Krebs hat neben einer somatischen und psychischen auch eine spirituelle Seite, die Teil einer personalisierten Therapie sein muss.
Die moderne Medizin müsse mehr als bisher den Mensch in seiner Einheit von Leib und Seele anerkennen, führte Beck aus. Expliziter formuliert: "Der Mensch ist als geistiges Wesen prinzipiell ein religiöses Wesen" - und das müsse auf bei Krebs wieder stärker in Blick kommen. Versäumnisse in diesem grundlegenden Zugang zum Menschen ortete der Priester auch beim Christentum, das sich viel zu lange über Dogma und Moral formuliert habe. "Das Christentum ist aber primär eine spirituelle und heilende Religion", so Beck unter Verweis auf die Bedeutungsinhalte von "heilig" und "Heiland". Von daher habe jeder Christ geradezu die "Pflicht zum Heil-Werden", sagte er unter Verweis auf das kantianische Diktum, wonach der Mensch eine Verpflichtung zum Glücklichsein habe, weil er ansonsten seine Mitmenschen unglücklich mache.
Die spirituelle Dimension habe bei Krebs sowohl in der Vorbeugung wie auch der Therapie Bedeutung, weil die "Hinwendung zum letzten Sein als Seelengrund zu mehr Resilienz führt". Für Beck zentral ist der Begriff von der "Lebensumkehr". Diese dürfe aber nicht mit Schuld konnotiert sein. Schon im Evangelium halte Jesus auf die Frage nach der Ursache von Krankheit dezidiert fest, dass Kranksein nicht die Folge von Schuld und Sünde sei. "Lebensumkehr" bedeute schlicht eine faktische und bedeutsame Änderung im Leben eines Krebskranken, betonte Beck: "Es geht um eine Umkehr, die so notwendig ist, wie das Wechseln eines Zuges, wenn man erkennt, dass man in die falsche Richtung fährt. Und das hat nichts mit Schuld zu tun."
Konkret gehe es darum, dass der Arzt für die spirituelle Dimension einer Krankheit offen sein müsse. Wichtig sei auch die mehrdimensionale Begleitung von Krebskranken: Neben der schulmedizinischen Behandlung bräuchten diese Gesprächstherapie, aber auch kundige Seelsorge, die bei einer "spirituellen Einordnung" helfen soll. Den Umgang Jesu mit Kranken sieht Beck hier als Maßstab: "Was soll ich Dir tun? Wie kann ich Dir helfen? Wieso bist Du so unglücklich? - So ist Jesus mit Kranken in den Dialog getreten."
Unterstützung für die Bedeutung von Spiritualität im Blick auf Krebs kam Gynäkologen und Hormonexperten Huber. Es gebe "naturwissenschaftlich eine hohe Evidenz, dass Innenleben und Außenwelt Einfluss auf die Krebserkrankung haben". Huber verwies auf gesicherte Erkenntnisse, wonach Meditation im Sinne eines "Sich selbst im Einklang mit der Welt Befindens" das Immunsystem aktiviere. Als weiteres Beispiel für eine wissenschaftlich gesichert positive Auswirkung nannte er die bewusste Gewichtsabnahme begleitend zu einer hormonellen Krebstherapie. Der gesundheitliche Wert des religiösen Fastens sei ebenfalls unbestritten, sagte Huber.
Freilich gelte es zu beachten, dass sich die geistlichen Verfasstheit genauso auch negativ auf die Gesundheit auswirken könne. Dem pflichtete Buchautor Beck bei und sagte: "Nicht von ungefähr ist Sigmund Freud in seinen Forschungen immer wieder auch auf psychopathologische Formen von Religiosität gestoßen."
"Krebs. Körper, Geist und Seele einer Krankheit" ist im "Styria"-Verlag erschienen. Das Buch umfasst 160 Seiten und ist im Handel um 19,90 Euro erhältlich.
Quelle: kathpress