Glettler: "Partei ergreifen für jene, die im Leben zu kämpfen haben"
Glettler: "Partei ergreifen für jene, die im Leben zu kämpfen haben"
Der neue Innsbrucker Bischof Hermann Glettler sieht es als seinen ersten Auftrag, "die berührende und herausfordernde Botschaft von Jesus in einer zeitgemäßen Form zugänglich zu machen". Er werde dabei "hoffentlich auch immer für jene Partei ergreifen, die im Leben zu kämpfen haben", sagte er am Allerheiligentag - rund einen Monat vor seiner Bischofsweihe am 2. Dezember - im Interview mit dem "Kurier".
Besorgt äußerte sich Glettler darüber, dass es in der Gesellschaft neben viel Solidarität und "Gespür für soziale Schieflagen" gleichzeitig auch eine gegenläufige Tendenz von wachsendem Egoismus und von "Gier nach immer mehr" gebe. "Faktum ist, dass Millionen von Menschen hungern. Trotzdem wird an den internationalen Börsen mit der Knappheit von Nahrungsmitteln und Saat gut spekuliert. Ist das nicht ein himmelschreiender Wahnsinn?", so der designierte Bischof.
Kritisch blickte Glettler auf den Wahlkampf in Österreich zurück, bei dem es eine "unselige, fast aggressive Allianz der drei führenden Parteien" zum Thema Migration gegeben habe. "Man hatte den Eindruck, wenn dieses Thema aus der Welt geschafften ist, dann gibt es keine Arbeitslosigkeit, keinen Bedarf für Sozial-, Bildungs- oder Pensionsreform mehr." Es handle sich hierbei um eine "Überschätzung des Problems", wenngleich Herausforderungen nicht kleingeredet werden dürften. "Unsere Wohlstandsgesellschaft kann hier noch mehr tun", betonte der künftige Innsbrucker Oberhirte.
Für offenen Brennerpass
Er hoffe, dass es zu keiner Verschärfung der Grenzproblematik am Brennerpass komme, wo zuletzt vor dem Hintergrund der Flüchtlingsbewegungen mehrfach eine Grenzschließung im Raum gestanden war. "Die Identität eines Landes und unserer Gesellschaft lässt sich nicht dadurch schützen, dass man Grenzen hochzieht. Identität ist etwas Dynamisches, das im Laufe der Jahrhunderte auch durch Migration und den Austausch von Kulturen gewachsen ist", erklärte Glettler.
Dass in der Diözese Innsbruck bereits heute 16 fremdsprachige katholische Gemeinden - darunter eine große afrikanische - existieren, bezeichnete Glettler als "Weltkirche live in Tirol". "Katholisch sein bedeutet, nicht auf eine Nation oder Kultur beschränkt zu sein." Auch Jesus sei stets im "Grenzgebiet des jüdischen Glaubens" sowie in multikulturellen Städten unterwegs gewesen und habe sein Leben letztlich für die Ermöglichung von Versöhnung und Einheit gegeben.
Auch Homosexuelle in Kirche willkommen
Gott heiße jeden Menschen willkommen, weshalb er auch "für eine offene Kirche" stehe, hieß es auf die Journalistenfrage nach dem Umgang mit Homosexuellen. Respekt vor allen Menschen auch unterschiedlicher Lebensart und Beziehungen seien ihm wichtig, er könne sich allerdings keine Trauung von Homosexuellen in der katholischen Kirche vorstellen. Bei sogenannten kirchlichen Reformthemen sei es wichtig, "eine bestimmte Beweglichkeit zu bewahren", doch sie seien nicht sein erstes Anliegen, stellte Glettler klar.
Auch auf die Innsbrucker Bischofsweihe am 2. Dezember - die nicht im Dom, sondern in der 4.000 Besucher fassenden Olympiahalle stattfindet - ging der 52-jährige Bischof ein. Sein Hauptanliegen bei der Ortswahl sei es gewesen, dass alle Interessierten aktiv teilnehmen könnten; die Weihe solle "kein elitäres Ereignis, sondern ein Fest der Kirche dieses Landes" werden. Als "Popstar" sehe er sich nicht, sagte Glettler, "das liegt mir ganz fern".
Quelle: Kathpress