Kräutler: Eucharistiefeier soll nicht von Zölibat abhängen
Bischof Erwin Kräutler hat seit Jahren seinen Wunsch nach geänderten Zugangsbestimmungen zum Priesteramt unterstrichen. Im Interview für die aktuelle Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (12. November) formulierte er während eines Österreich-Besuchs das Anliegen, dass alle kirchlichen Gemeinden Zugang zur Eucharistiefeier haben. Es gehe ihm dabei nicht um ein Für oder Wider den Zölibat, den er als Lebensform und "Gnade Gottes" achte und für unterstützenswert befinde. "Aber dass die Eucharistiefeier von einem zölibatären Mann abhängt, meine ich, ist nicht richtig", fügte Kräutler hinzu.
Der aus Vorarlberg stammende Ordensangehörige der Missionare vom Kostbaren Blut war von 1981 bis 2015 Bischof von Altamira-Xingu, der flächenmäßig größten Diözese Brasiliens und mit 350.000 Quadratkilometern viermal so groß wie Österreich. Für die 800 Gemeinden in diesem Teil Amazoniens stünden jedoch lediglich 30 Priester zur Verfügung. In Brasilien gebe es Gemeinden, die nur drei- oder viermal im Jahr Eucharistie mitfeiern, berichtete Kräutler und äußerte die Sorge, dass ihnen "das Verständnis für die Eucharistie verlorengeht": Diesen Zustand halte er für "gefährlich", warnte der emeritierte Bischof. "Da müssen wir uns etwas einfallen lassen."
Seit mehr als 50 Jahren ist Kräutler als Missionar in Brasilien tätig - eine Aufgabe, die man nicht "lehrerhaft", sondern "mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen" erfüllen müsse. Missionar-Sein bedeute Hingabe, betonte der Bischof im Blick auf die Gläubigen in Amazonien. "Ich muss mich einfühlen in ihre kulturellen Ausdrucksformen, in ihre Art zu sein und auch in ihre Wertevorstellungen." Es gehe nicht nur darum, an die geographischen Grenzen zu gehen, sondern an die existenziellen.
"Lasst ihn los, das ist unser Bischof"
Kräutler tat dies selbst durch seinen kompromisslosen Einsatz für die Rechte der indigenen Bevölkerung - was ihm "mächtige Feinde" beschert habe, aber auch 2010 die Auszeichnung mit dem Alternativen Nobelpreis. Der in Brasilien zwei Jahre nach seiner Emeritierung immer noch unter Polizeischutz stehende Bischof berichtete im "Sonntag" von einem Vorfall im Jahr 1983, als er von der Militärpolizei festgenommen und niedergeschlagen wurde. Die ihm anvertrauten Gläubigen hätten damals geschrien: "Lasst ihn los, das ist unser Bischof." Das habe das gegenseitige Verhältnis zwischen Bischof und einfachen Katholiken sehr vertieft. "Die Leute wissen, ich bin um ihretwillen gedemütigt worden. Das war wichtiger als jede Predigt, auch wenn sie noch so schön gewesen wäre."
Für 2019 plant der Vatikan - auch aufgrund einer Initiative von Bischof Kräutler - eine Sonder-Bischofssynode für die Amazonas-Region. Er hofft dabei auf einen Impuls dazu, "dass die Indios schlussendlich ihr Recht bekommen. Das ist bereits in der Verfassung von Brasilien verankert, aber es ist längst an der Zeit, dass man dieses Recht auch respektiert."
Quelle: kathpress