"Olympiakaplan" zu Übergriffen im Sport: Fälle restlos aufklären
Missbrauchsfälle im Sport sind so wie überall anders auch "restlos aufzuklären". Das hat Österreichs "Olympiakaplan" P. Johannes Paul Chavanne zu den jüngst zutage getretenen Anlassfällen aus dem Skisport erklärt, in denen Frauen und Mädchen Opfer von sexuellen Übergriffe und Gewalt wurden. "Gewalt und Missbrauch sind in jeder Form, egal durch wen, egal wann und egal wie abzulehnen und aufzuarbeiten", betonte der Sportseelsorger am Mittwoch in einer Stellungnahme gegenüber "Kathpress". Entsprechende Berichten aus dem Frauen-Skiteam der 1970er-Jahre hätten ihn "traurig und nachdenklich" gemacht.
Es liege im Interesse aller, "gerade auch derer, die im Sport in welcher Form auch immer Verantwortung tragen", solche Fälle gründlich aufzuarbeiten, so der Ordensmann aus dem Stift Heiligenkreuz, der Österreichs Spitzensportler und -sportlerinnen regelmäßig zu Großereignissen begleitet. Chavanne forderte zugleich, "dass auch präventive Maßnahmen getroffen werden, die in Zukunft solche Taten möglichst ausschließen". Wer sich sportlich engagiert oder aber seine Kinder einem Sportverein anvertraut, müsse sich sicher sein können, "dass das in einer sicheren, menschlich-fairen und einer die Ganzheit des Menschen fördernden Atmosphäre geschieht".
Der Anspruch auf einen der Menschenwürde entsprechenden Umgang mit Missbrauch und sexuellen Übergriffen muss nach den Worten des "Olympiakaplans" für alle Lebensbereiche gelten: für Sportvereine ebenso wie für die Kirche, für die Schule, für Betriebe und auch für Familien. Die katholische Kirche habe aus Skandalen der Vergangenheit Lehren gezogen: "Ich bin froh, dass in der Kirche hier ein transparenter und offener Weg gegangen wird, der entsprechenden Vergehen nachgeht, sie aufdeckt und Täter volle Verantwortung dafür übernehmen lässt", sagte Chavanne. Für alle, die Opfer von Gewalt und Missbrauch wurden, werde "alles getan, damit ihnen geholfen wird, mit dem Erlebten - so gut es geht - fertig zu werden".
Vorfälle im ÖSV-Team der 1970er-Jahre
Die ehemalige Skirennläuferin Nicola Werdenigg, geb. Spieß, hatte gegenüber der Tageszeitung "Der Standard" (20. November) von Übergriffen durch Trainer, Betreuer und auch Kollegen im ÖSV-Team der 1970er-Jahre berichtet. Sie selbst sei als 16-Jährige vergewaltigt worden, auch anderen Athletinnen sei es ähnlich ergangen, hieß es in dem Aufsehen erregenden Interview der ehemaligen Abfahrtsläuferin. In der Mittwoch-Ausgabe des "Standard" bestätigte eine zweite ehemalige österreichische Skirennläuferi, die anonym bleiben wollte, die damaligen sexuellen Übergriffen. "Wir waren ja Freiwild", sagte die Sportlerin, "damals ist jeder irgendetwas passiert."
ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel gab gegenüber der Zeitung an, ihm sei in seiner Amtszeit "nie etwas über sexuelle Übergriffe zu Ohren gekommen", "das waren damals sicher andere Zeiten". Wenn jetzt so etwas vorfiele, "würden wir dazwischenfahren und kurzen Prozess machen". Die ÖSV-Frauenbeauftragte und frühere Spitzen-Skiläuferin Petra Kronberger sprach von einer "aufwühlenden und erschütternden Geschichte" und würdigte den Mut Nicola Werdeniggs, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Kronberger hofft, dass sich mögliche aktuell betroffene Sportlerinnen direkt an sie wenden.
Quelle: kathpress