Expertin: Einsatz für Religionspluralismus "humanitäre Pflicht"
Die Wahrung eines religiösen Pluralismus im Nahen Osten ist eine "humanitäre Pflicht", aber auch ein "Akt politischer Klugheit": Das hat die österreichische OSZE-Sonderbeauftragte im Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung, Ingeborg Gabriel, betont. Die Not von Jesiden, Christen und anderen religiösen Gruppierungen zu ignorieren, sei sowohl beschämend als auch "politisch kurzsichtig", warnte sie am Mittwoch bei einer internationalen Konferenz in der armenischen Hauptstadt Jerewan, und plädierte vehement für das Eintreten für Religionsfreiheit. Auch die Geschichte der OSZE zeige, "dass ein starkes Engagement für die Menschenrechte mit langfristigem Erfolg gekrönt werden kann", sagte Gabriel.
Die Wiener Sozialethikerin war Hauptrednerin einer vom diesjährigen OSZE-Vorsitzland Österreich in Kooperation mit dem OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) und der armenischen Regierung organisierten Tagung zu Prävention und Bekämpfung von Hassverbrechen gegen Christen und Angehörige anderer religiöser Gruppen. Im Fokus stand die jüngste Häufung solcher Hassdelikte auch in den OSZE-Mitgliedsländern genauso wie staatliche Antworten darauf und die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Vorbeugung. Begleitet wurde die Konferenz von einem zweitägigen Workshop für NGOs, die sich der Dokumentation von Hassverbrechen widmen.
Unter den OSZE-Staaten sei Konsens, dass die Einhaltung der Verpflichtungen zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, Antisemitismus und Intoleranz entscheidend für die Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität ist, sagte der armenische Außenminister Edward Nalbandian. Er versicherte, dass etwa der Schutz christlicher Gemeinschaften und von Gläubigen anderer Religionen eine der Prioritäten seines Landes sei.
Der Kampf gegen die Ursachen von Intoleranz etwa gegen Christen sei verbunden mit der Notwendigkeit, alle Menschenrechte und Grundfreiheiten uneingeschränkt zu achten, hob ODIHR-Direktor Ingibjörg Solrun Gisladottir hervor. Dazu zählten das Diskriminierungsverbot, Meinungs-, Rede- und Versammlungsfreiheit genauso wie die Religionsfreiheit.
Hassverbrechen gegen Christen wachsen
Die zentrale Bedeutung des Schutzes der Menschenrechte zur Bekämpfung von Hassverbrechen, betonte auch die OSZE-Sonderbeauftragte Gabriel. Die Wiener Sozialethikerin amtiert seit Jahresbeginn als persönliche Vertreterin des derzeitigen OSZE-Vorsitzenden Sebastian Kurz im Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung, mit Fokus auf Intoleranz und Diskriminierung von Christen und Mitgliedern anderer Religionen.
Gabriel zeigte sich beunruhigt über den Anstieg und die wachsende Brutalität durch Intoleranz, Diskriminierung und Hassreden verursachter sozialer Spannungen. Neben anderen religiösen und nichtreligiösen Gruppen würden auch christliche Gemeinschaften zunehmend zu Zielscheiben. "Die Anzahl der Hassverbrechen gegen Christen sowie von Vandalismus gegen Kirchen, Bergkreuze und andere religiöse Objekte wächst", erinnerte Gabriel unter Verweis auf entsprechende ODIHR-Statistiken.
Größte Herausforderung - und daher auch eine der Prioritäten der diesjährigen österreichischen OSZE-Präsidentschaft - sei die Bekämpfung eines religiös begründeten Extremismus und des daraus erwachsenden Terrorismus, so Gabriel weiter. "Verbrechen, die im Namen Gottes begangen werden, sind für Gläubige, egal welcher Religion, die schlimmste Gotteslästerung", betonte die Theologin.
Bestes institutionelles Mittel gegen solche beunruhigenden Entwicklungen ist aus Sicht Gabriels eine starke Kultur der Menschenrechte, insbesondere im Hinblick auf die Religions- und Glaubensfreiheit. Wichtigstes Merkmal des Rechts auf Religionsfreiheit sei die Garantie der gleichen Bürgerrechte für alle Einwohner eines Landes, unabhängig von ihrer jeweiligen Religion oder Religionslosigkeit. Die Expertin begrüßte in diesem Sinn auch den wachsenden Einsatz für den Austausch traditioneller "Minderheitenrechte" durch die Etablierung gleicher Bürgerrechte für alle.
Quelle: kathpress