Orden suchen den Dialog mit Muslimen
Dialog mit Muslimen ist möglich, freilich nicht mit allen und es bräuchte vor allem auch mehr Institutionen, die sich diesem Anliegen verschreiben: Das hat die Wiener Diplomatin Sabine Kroissenbrunner bei der Jahrestagung der heimischen Ordensgemeinschaften im Wiener Kardinal König-Haus betont. Die Tagung wurde am Montag mit dem Treffen der Missionsorden begonnen, die sich dem Thema "Gelebter Dialog mit Muslimen" widmete.
Kroissenbrunner war in die vom österreichischen Außenministerium getragene Ausbildung für türkische Imame involviert. Imame des türkischen Amtes für Religiöse Angelegenheiten ("Diyanet"), die ihren Dienst in muslimischen Gemeinden in Österreich leisten sollten, wurden zuvor in Österreich und in der Türkei landeskundlich geschult; beispielsweise über Themen wie Religionsfreiheit und Religionsvielfalt in Österreich, Frauenrechte und Möglichkeiten zur Förderung von Gesundheit, Bildung und Integration.
Das Programm wurde aber nach vier Jahren wieder eingestellt; ohne Ersatz, wie die Diplomatin bedauerte. Der Bedarf wäre freilich gegeben. Als gleichermaßen bedauerlich bewertete sie etwa auch die Beendigung von Dialog-Initiativen wie dem Afro-Asiatischen Institut in Wien. Die Diplomatin appellierte an die Ordensvertreter, sich im christlich-muslimischen Dialog zu engagieren.
Das herrschende politische Klima im Land bezeichnete Kroissenbrunner als nicht gerade dialogfördernd; trotz Globalisierung und immer mehr Begegnungen mit Muslimen würde das Wissen über den Islam nicht zunehmen, so Kroissenbrunner, die von "Meinung statt Wissen" sprach.
Fehlende Differenzierung
Sie verwehrte sich vor allem auch dagegen, dass alle Muslime in einen Topf geworfen würden. Bis in die 1990er-Jahre sei in der öffentlichen Diskussion beispielsweise noch über türkische oder bosnische Einwanderer gesprochen worden, gegenwärtig würden alle Einwanderer bzw. Flüchtlinge zuallererst unter der Kategorie "Muslime" schubladisiert, unabhängig von ihrem Herkunftsland. Das werde der Komplexität des Themas aber in keinster Weise gerecht und sei dem Dialog abträglich; denn es gelte zu differenzieren.
Kroissenbrunner verwehrte sich auch dagegen, allen Muslimen Demokratieverweigerung zu unterstellen. Viele Muslime würden sich auch in ihren Heimatländern für mehr Demokratie einsetzen. Manche würden dafür sogar verfolgt. Es gelte jedenfalls wiederum zu differenzieren. Und es gelte zugleich zu berücksichtigen, welche Erfahrungen Muslime in ihren Herkunftsländern mit Demokratie und Menschenrechten machen konnten.
Auch im Islam gebe es eine enorme theologische Bandbreite und Vielfalt, so Kroissenbrunner. Gerade deshalb wollte ja auch islamistische Fundamentalisten nur ihre eigene Islam-Interpretation durchsetzen. Muslimische Theologen, die für eine Vielfalt der Auslegung des Koran stehen, würden immer mehr unter Druck geraten und sollten deshalb in besonderer Weise vom Westen unterstützt werden. Es brauche gute, aufgeschlossene islamische Theologen, die dann auch vor Ort in Europa die Ausbildung der Imame übernehmen könnten. Es sei ihr unverständlich, so die Diplomatin weiter, dass es bislang so wenige islamische theologische Einrichtungen an europäischen Universitäten gibt.
Kroissenbrunner konnte sich in diesem Zusammenhang auch einen Seitenhieb auf die aktuelle politische Diskussion nicht verwehren. Die Forderung nach der Ausbildung von Imamen in Österreich gehe solange ins Leere, solange es nicht gut ausgebildete Theologen gibt, die dann auch für die Qualität der Imame-Ausbildung garantieren könnten.
Sich der Herausforderung stellen
P. Franz Pilz und Sr. Johanna Pobitzer, die dem Missionsreferat der Ordensgemeinschaften vorstehen und das Treffen der Missionsorden organisierten, betonten im "Kathpress"-Gespräch die Notwendigkeit für die Orden, sich mit dem Islam auseinanderzusetzen; sei es in der Arbeit in Schulen, Pfarren oder mit Flüchtlingen. Die Politik bleibe hier Antworten schuldig, die Orden würden sich der Herausforderung jedenfalls stellen. Dabei kamen bei der Diskussion im Anschluss an den Vortrag von Kroissenbrunner auch orientalische Christen zu Wort, die von sehr negativen Erfahrungen mit Muslimen in ihren Herkunftsländern berichteten.
Das Missionsreferat vernetzt die missionarisch tätigen Ordensgemeinschaften Österreichs. Diesem Netzwerk gehören jeweils rund 35 Frauen- und Männerorden an.
Viertägige Herbsttagung
Nach dem Auftakt der Herbsttagung mit der Tagung des Missionsorden standen am Montagnachmittag noch die Generalversammlung der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften sowie das Präsidium der Vereinigung der Frauenorden (VFÖ) auf dem Programm. Für den späteren Nachmittag war - erstmals in der Geschichte der Herbsttagung - der "Ordenstag Young" anberaumt, der jungen Ordensleuten eine Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch bieten soll.
Beim Österreichischen Ordenstag am Dienstag stehen im Kardinal König-Haus bzw. in der dazugehörenden Konzilsgedächtniskirche die Themen "Aufbruch und Erneuerung" auf dem Programm; u.a. mit VFÖ-Präsidentin Beatrix Mayrhofer, Superiorenkonferenz-Vorsitzendem Christian Haidinger, P. Nikodemus Schnabl aus Jerusalem und Ulrike Köhler vom deutschen Kloster Volkenroda. Am Mittwoch tagen die Schul- und Kulturverantwortlichen der Ordensgemeinschaften, am Donnerstag treffen die Verantwortlichen der Ordensspitäler zusammen.
Infos zur Herbsttagung der Orden unter www.ordensgemeinschaften.at
Quelle: Kathpress