Papst mahnt in Myanmar zur "Achtung jeder ethnischen Gruppe"
Papst Franziskus hat in Myanmar zur Achtung "jeder ethnischen Gruppe" ermahnt. Die Zukunft des Landes müsse ein Friede sein, "der sich auf die Achtung der Würde und der Rechte eines jeden Mitglieds der Gesellschaft gründet", sagte er am Dienstag bei einer Rede im Beisein von Myanmars Staatsrätin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi im Internationalen Convention Center in der Hauptstadt Naypyidaw. Frieden und nationale Versöhnung seien nur durch Gerechtigkeit und Einhaltung der Menschenrechte möglich. Mit seinem Besuch wolle er nicht nur die "kleine, aber lebendige katholische Gemeinde" stärken, sondern auch alle, die sich um den Aufbau einer gerechten gesellschaftlichen Ordnung bemühten.
Der Begriff "Rohingya" fiel nicht in der ersten Myanmar-Rede des Papstes, die er am zweiten Reisetag an Vertreter der Zivilgesellschaft und des Diplomatischen Corps richtete. Der Kardinal von Rangun, Charles Maung Bo, hatte dem Papst geraten, dieses Wort zu vermeiden, weil dies Spannungen verstärken könne. Im mehrheitlich buddhistischen Myanmar haben sich in den vergangenen Jahren ethnische und regionale Spannungen auch religiös aufgeladen. Das betrifft nicht nur die muslimisch-bengalische Minderheit im Bundesstaat Rakhine, die seit einigen Jahren international als Rohingya bezeichnet wird.
"Interne Konflikte und Feindseligkeiten" im Land hätten Leid und "viel zu lange andauernde tiefe Spaltungen" hervorgerufen, so der Papst weiter. Um Frieden in Myanmar zu erlangen, müsse "die Heilung dieser Wunden eine zentrale politische und geistliche Priorität darstellen", forderte Franziskus.
Er würdigte in dem Zusammenhang Bemühungen der Regierung, besonders die Friedenskonferenz von Panglong, zu der 2016 Ethnien-Vertreter, die im Land in verschiedene Konflikte verwickelt sind, zusammengekommen waren. Sie vereine Vertreter der verschiedenen Gruppen, um "der Gewalt ein Ende zu setzen, Vertrauen aufzubauen und die Achtung der Rechte aller zu garantieren, die dieses Land als ihr Zuhause ansehen", sagte der Papst. Es gelte, Konflikte durch Dialog zu lösen und nicht mit Gewalt, so Franziskus.
Die Religionen können nach den Worten des Papstes auf dem Weg zu Frieden im Land eine "besondere Rolle" spielen. Er mahnte erneut, religiöse Unterschiede nicht als trennend, sondern als "Kraft zur Einheit, zur Vergebung, zur Toleranz und zum klugen Aufbau der Nation" zu sehen. So könnten die verschiedenen Religionen eine bedeutende Rolle bei der "Heilung der emotionalen, geistigen und psychologischen Wunden" spielen, die während der Jahre des Konflikts entstanden seien.
Suu Kyi: Friedensstifter sein "eine Herausforderung"
Myanmars Staatsrätin Aung San Suu Kyi betonte vor Papst Franziskus die Notwendigkeit von Frieden und Güte untereinander. Die Seligpreisungen Jesu seien bis heute "Programm und Herausforderung für politische und religiöse Anführer ebenso wie für Verantwortliche in Wirtschaft und Medien", sagte die Friedensnobelpreisträgerin und De-facto-Regierungschefin in ihrer Rede bei der Veranstaltung mit Vertretern der Zivilgesellschaft und Diplomaten in dem Konferenzzentrum.
Zum Umgang mit der muslimischen Minderheit der Rohingya blieb Suu Kyi vage. Es sei "eine Herausforderung, eine Gesellschaft, Gemeinschaften und Unternehmen aufzubauen, indem man als Friedensstifter agiert". Dies erfordere, "Erbarmen zu zeigen", indem man darauf verzichte, Menschen auszuschließen, die Umwelt zu schädigen oder um jeden Preis gewinnen zu wollen.
Die Friedensnobelpreisträgerin erinnerte an die Verfassungsprinzipien ihres Landes und an die Anfangsworte der Nationalhymne, "niemals abzuweichen vom Weg gerechter Freiheit". Der Besuch des Papstes gebe den Birmanern "Stärke und Hoffnung", weiter nach Versöhnung und gesellschaftlicher Harmonie zu streben. Myanmar mit seinem "Teppich unterschiedlicher Völker, Sprachen und Religionen" stehe noch vor vielen Herausforderungen.
Die Staatsrätin verwies auch auf die jüngste Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Vatikan und Myanmars nach den Jahrzehnten der Militärdiktatur. Es beginne nun eine "neue Ära enger Beziehungen". Persönlich erinnerte sie an ihre eigene Erziehung im Franziskanerkonvent in Rangun.
Vom Präsidenten empfangen
Die Begegnung von Franziskus mit Vertretern der Zivilgesellschaft und dem Diplomatischen Corps in Naypyidaw beschloss den zweiten Tag seines Myanmar-Besuchs. In der Hauptstadt Myanmars stand zuvor ein Höflichkeitsbesuch bei Staatspräsident Htin Kyaw im Präsidentenpalast auf dem Programm des Papstes. Mit seinem Eintrag ins Gästebuch bat Franziskus für die gesamte Bevölkerung Myanmars um "Gottes Segen für Gerechtigkeit, Frieden und Einheit". Der Papst überreichte Htin Kyaw die Reproduktion eines Dokuments aus der Vatikanbibliothek, das eine illustrierte Geschichte aus dem Leben Buddhas zeigt.
Nach der Begegnung mit dem Staatspräsidenten traf Franziskus auch zu einem persönlichen Gespräch mit Staatsrätin Suu Kyi zusammen. Die als privat bezeichnete Begegnung dauerte etwa 20 Minuten. Es war die zweite Begegnung der beiden; Suu Kyi hatte Franziskus im Mai im Vatikan besucht und einen Botschafteraustausch beider Länder vereinbart.
Am Dienstagabend (Ortszeit) trat Franziskus die Rückreise nach Rangun an, wo er während seines Aufenthalts in Myanmar in der Residenz des Erzbischofs, Kardinal Charles Maung Bo, nächtigt.
Quelle: kathpress