Ex-Skisprungtrainer: Beistand heißt, Leid anderer auszuhalten
"Viele Leute wissen gar nicht, wie sie mit Menschen umgehen, denen es schlecht geht": Darauf hat der langjährige Cheftrainer der österreichischen Skisprung-Nationalmannschaft, Alexander Pointner, im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" hingewiesen. Das Durchlaufen von Depressionen und einem schweren Schicksalsschlag habe ihn und seine Familie gelehrt, "was wirklicher Beistand ist", nämlich: "Stehen bleiben, zuhören und das Leid der anderen auch auszuhalten", so der in Tirol lebende 46-jährige Oberösterreicher und vierfache Vater.
Pointner gilt als erfolgreichster Trainer der Skisprunggeschichte, mit 32 Medaillen bei Großereignissen, davon 17 aus Gold, vier Weltcup-Gesamtsiegen sowie sechs Siegen in Serie bei der Vierschanzentournee. Im Interview bezog er sich auf die tragischen Vorfälle in seiner Familie in den letzten Jahren: Seine älteste Tochter Nina unternahm im November 2014 infolge von Depressionen einen Suizidversuch, lag über ein Jahr im Wachkoma und verstarb dann im Advent 2015. Schon 2012 hatten zunächst Sohn Max und in weiterer Folge auch Pointner selbst unter Depressionen gelitten.
Er und seine Frau hätten seither den Umgang mit der Krankheit gelernt und "gesehen, dass es daraus einen Ausweg gibt", sagte Pointner. Dies sei wichtig, da es rund um Depression noch immer viel Stigmatisierung gebe. "Das Reden darüber ist entscheidend." Er und seine Familie - wegen der er den Trainerjob aufgegeben hat - nahmen auch professionelle Hilfe in Anspruch, "was leider oft als Schwäche ausgelegt wird". Auch darüber, wie man anderen Menschen Beistand geben könne, müsse mehr gesprochen werden, so Pointners Überzeugung.
Beistand habe er in der schwierigen Zeit auch in der Kirche gesucht und erhalten, berichtete der Ex-Trainer, der nun als Autor ("Mut zur Klarheit"), Coach und Redner tätig ist. Dankbar äußerte er sich hier gegenüber dem früheren "Olympiapfarrer" Salesianerpater Bernhard Maier ("Ein herzensguter Mensch, der für mich Seelsorge so verkörperte, wie wir es als Sportler benötigen") sowie den für die Weltmeisterschaften zuständigen evangelischen Pfarrer Jörg Walcher, der Pointner auch an das Krankenbett seiner Tochter begleitet hatte. An der Trauer müsse man arbeiten, "ganz wird sie nie verschwinden", so seine Erfahrung.
Skispringer seien zumeist "sehr sensible Typen", erklärte Pointner, der vor seiner Trainerkarriere in den 1980er-Jahren selbst im ÖSV-Kader war. Die Sportart sei "schon fast eine künstlerische Tätigkeit, weil man etwas macht, das nicht jeder kann". Die Athleten müssten "mit der Luft spielen, die man nicht sehen, sondern nur spüren kann", auch sei aufgrund des gebotenen geringen Gewichts besondere Rücksicht auf die Ernährung vonnöten. Die große Sensibilität der Sportart würde sich auch in den Persönlichkeiten widerspiegeln, so der Ex-Nationaltrainer über seine früheren Schützlinge.
Quelle: kathpress