Kirche als Stille- und Sinnvermittlerin auf Wiener Ferienmesse
Erstmals ist die katholische Kirche auf der Ferienmesse Wien vertreten. Besucher erhalten auf dem 30-Quadratmeter großen Stand bei der noch bis Sonntag andauernden Großveranstaltung Informationen über Urlaubsangebote der Kirche, Beratung und die Möglichkeit zu Gesprächen mit den anwesenden Kirchenmitarbeitern und Ordensleuten. "Nicht nur am Camino de Santiago, sondern auch in Österreich gibt es für Urlauber auf der spirituellen Suche viel zu erleben", erklärte Hermann Signitzer von der Tourismus- und Freizeitpastoral der Erzdiözese Salzburg am Donnerstag im Kathpress-Interview.
Motto der Kirche ist am Messegelände "Stille erleben, Sinn erfahren". Das Angebot reicht von Themen- und Pilgerwegen - darunter neben dem Österreich-Teil des Jakobsweges noch 32 andere Routen - über städtische "Räume der Stille" und spirituelle Auszeiten bis hin zu Musik- und Kulturveranstaltungen oder Urlaubsangeboten bei Ordensgemeinschaften. Vertreten sind dabei große Plattformen wie die von 26 Klöstern getragene Vereinigung "Klösterreich" ebenso wie die vor fünf Jahren gestartete Initiative "Bergspiritualität" oder das Angebot "Himmlisch Urlauben", für das steirische Pfarrhöfe als Feriendomizile umgebaut wurden.
All dies sei eine "Antwort auf ein breites Bedürfnis nach einem Zur-Ruhe-Kommen, nach Auftanken, Heilung und In-sich-Gehen, nach Ausbrechen aus einem hektischen, übersättigten und oft nicht sinnerfüllten Alltag", erklärte Signitzer. Nicht von ungefähr seien die allerersten Anfänge des Tourismus in der Religion zu suchen - beim Besuch der "Heiligen Stätten" in Rom oder Jerusalem. Auch die Zukunftsprognosen in der Tourismusbranche deuteten darauf hin, dass der "spirituelle Tourismus" schon bald den Schritt aus der Nische schaffen werde. "Die Frage für uns ist nur: Wer besetzt diese Nachfrage? Spielt die Kirche hier mit?", so der Experte.
Ansprechende Angebote
Schon heute werde die Kirche von vielen Tourismusfachleuten als Kooperationspartnerin sehr geschätzt, zeigte Signitzer am Beispiel Salzburgs auf: Die kirchliche Prägung der Landeshauptstadt mit ihren 68 Gotteshäusern sei auch in der Kommunikation als "Kirchenstadt" präsent. Verstärkt werde dies durch Spezialangebote wie u.a. kirchliche Backstage-Führungen und Friedhofstouren, einer Neupositionierung des Domes sowie im Gegensatz dazu die nicht überrannten Kirchen als "Kirchen der Stille" oder auch das Museum "Bibelwelten", bei dem es um das Erleben der Bibel mit allen Sinnen geht.
Ansprechend gebotene Sinnfindung werde von Urlaubern auch in Anspruch genommen, zeige die Erfahrung. "Bei vielen Menschen führen die Alltagswege daheim an der Kirche vorbei. Im Urlaub gehen sie aber hinein, etwa bei Schlechtwetter", so der Seelsorger. Speziell in Tourismusregionen liege es an den Pfarren, ob sie als einladend wahrgenommen würden oder nicht. Entscheidend seien dabei oft Kleinigkeiten: "Ein Anliegenbuch am Kircheneingang, ein aktueller Schaukasten oder die Möglichkeit, Kerzen anzuzünden. Werden Urlauber auch bei Gottesdiensten extra willkommen geheißen und begrüßt, so hilft das besonders."
Öffnung mithilfe des Tourismus
Sich darüber Gedanken zu machen, wie Gäste Aufmerksamkeit und Gastfreundschaft erfahren, sei eine große Chance auch für die Pfarrgemeinde selbst, so die Überzeugung Signitzers. "Es kam schon vor, dass eine Pfarre eine speziell an Touristen gerichtete Veranstaltung entwarf, deren Besucher dann aber mehr als zwei Drittel die eigenen Leute aus dem Ort waren - was durchaus positiv gesehen werden kann. Wer eine Atmosphäre schafft, welche die Menschen wiederkommen lässt, kann damit häufig auch das eigene Angebot weiterentwickeln", erklärte der auch für Gemeindeentwicklung zuständige Salzburger Diözesanmitarbeiter.
Auch mit ihrem Auftritt auf der Wiener Ferienmesse gelingt es in den Augen Signitzers der Kirche, sich mehr zu öffnen und "Berührungsflächen" zu schaffen. Für die insgesamt 22 Mitarbeiter, die noch bis Sonntag am Stand stehen, sei es ein sehr intensiver Einsatz, geht es doch nicht nur um den Verkauf kirchlicher Tourismusangebote, sondern auch um viel Seelsorgearbeit. "Manche wollen negative Erfahrungen mit der Kirche loswerden oder kommen mit Fragen zur Kirchensteuer zu uns. Insgesamt ist die Stimmung jedoch sehr positiv, viele sind überrascht von unserer Präsenz und finden es gut, dass wir dabei sind", berichtete der Tourismusseelsorger.
Quelle: kathpress