Glettler: "Es sollte 52 'Wochen für das Leben' pro Jahr geben"
"Es sollte nicht nur eine, es sollten 52 'Wochen für das Leben' pro Jahr geben": Diesen Wunsch äußerte der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler am Dienstag bei einem Abend im Rahmen des österreichweiten Veranstaltungsreigens zum Thema Lebensschutz: Seine Diözese hatte zu einem Ethikforum über die Frage "Wann ist ein Mensch ein Mensch? Theologie und Medizin im Gespräch" ins Haus der Begegnung in Innsbruck eingeladen, als Referenten kamen hochkarätige Experten wie der deutsche Moraltheologe Eberhard Schockenhoff und die Reproduktionsmedizinerinnen Bettina Toth und Ursula Kiechl-Kohlendorfer. Die Liebe zum Leben, so Glettler einleitend, sei "immer gratis, zweckfrei, absichtslos und zuvorkommend"; Liebe sei in diesem Sinne stets ein Geschenk.
Für Eberhard Schockenhoff von der Universität Freiburg fängt das menschliche Leben mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle an. Damit beginne auch die Schutzwürdigkeit dieses menschlichen Wesens. Zwei Grundregeln stehen für den Theologen bei allen Überlegungen zum Thema fest: "Erstens, wir entscheiden über die Lebensfähigkeit eines anderen Wesens. Wir müssen dabei, auch aus Gründen der Fairness, immer die Perspektive des Embryos einnehmen". Zweitens dürften Entscheidungen unter Risiko nie zu Lasten des menschlichen Wesens getroffen werden, sondern immer zugunsten des Lebens. Leben sei das fundamentale Gut schlechthin, betonte Schockenhoff. Leben könne nicht teilweise eingeschränkt werden, es gehe dabei um Sein oder Nicht-Sein.
Auch Medizin sucht "Bestes für das Kind"
In ihrer täglichen Arbeit mit Fragen des Lebensbeginns und der Lebensfähigkeit konfrontiert ist Ursula Kiechl-Kohlendorfer von der Innsbrucker Uni-Klinik für Pädiatrie. Dabei sei etwa das sorgsame Abwägen und Bewerten medizinischer Indikatoren bei drohender Frühgeburt für alle Beteiligten eine große Herausforderung. "Die individuell zu treffenden Entscheidungen im Zusammenwirken mit den Eltern haben dabei immer einen klaren Fokus", sagte die Medizinerin: "Was ist das Beste für das Kind?"
Über konkrete Fortschritte im Bereich der Reproduktionsmedizin berichtete Bettina Toth von der Uni-Klinik Innsbruck. Als konkretes Beispiel nannte sie über den Fall einer Frau mit Krebsdiagnose, der durch medizinische Unterstützung ihr Kinderwunsch erfüllt werden konnte.
In der anschließenden, von "Welt der Frauen"-Chefredakteurin Christine Haiden moderierten Podiumsdiskussion wurden Überschneidungen, aber auch Unterschiede zwischen medizinischen und theologisch-ethischen Antworten auf die Frage nach dem Lebensbeginn deutlich. Allgemeiner Konsens war der Wunsch vieler Menschen nach einem besseren Zugang zu Beratung und Information.
Das Ethikforum wurde von der Abteilung Familie und Lebensbegleitung und dem Frauenreferat der Diözese Innsbruck, dem Katholischen Bildungswerk Tirol, dem FH-Bachelor-Studiengang Hebamme des fhg-Zentrum für Gesundheitsberufe Tirol, dem Institut für systematische Theologie und der Forschungsgruppe "Sophia forscht" veranstaltet.
Quelle: kathpress