Krautwaschl: Plädoyer für Solidarität und kirchliche Erneuerung
Gelebte Solidarität, Verantwortung über Grenzen hinweg und kirchliche Erneuerung - diese drei Themen sind für Bischof Wilhelm Krautwaschl zentral für die Diözese Graz-Seckau und ihr Wirken. Dabei gelte es den Blick auf Gott zu richten, der in Jesus den Menschen entgegengekommen und dort ist, "wo wir ihn bislang nicht vermutet haben - und dieser Provokation des Evangeliums wollen wir uns in Zukunft vermehrt stellen." Das betonte der Bischof am Samstagabend in einer Botschaft an die Steiermark im Rahmen eines Festakts anlässlich der Feierlichkeiten zum 800-Jahr-Jubiläum der Diözese Graz-Seckau auf und rund um den Grazer Hauptplatz.
In einer Zeit des Wandels sei es Aufgabe der Kirche, der um sich greifenden Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit entgegenzuwirken.
Mit Jesus sind wir als Kirche für die Menschen da, so wie sie heute sind, leben, lieben, trauern, Angst haben und hoffen.
So Krautwaschl. Die "großen Probleme der Zukunft" im Blick auf Arbeit, Lebensschutz, Alter, Schöpfungsverantwortung und Heimat seien nur gemeinsam zu lösen. Deswegen werde die Kirche mithelfen den Wert der Solidarität wiederzubeleben. "Mehr als wir es bisher getan haben, wollen wir vor allem jenen helfen, die nicht auf die Sonnenseite des Lebens gefallen sind", sagte der Bischof.
In einer Welt, "in der vermehrt wieder Grenzen gezogen werden", trage die "katholische, das heißt allumfassende Kirche über Grenzen hinweg Verantwortung", betonte Krautwaschl im Blick auf die aktuelle politische Situation. Die Kirche wolle sich dafür einsetzen, "dass möglichst viele Menschen Frieden und Heimat finden" und dabei Allianzen mit allen schließen, die sich für Freiheit und Würde des Menschen einsetzen.
Christen hätten in den vergangenen acht Jahrhunderten viel an kulturellem Reichtum und Schönheit beigetragen, stellte der 58. Diözesanbischof von Graz-Seckau fest.
Wir wollen dieses Erbe nicht nur hüten sondern in Gegenwart und Zukunft neugierig und kreativ weiterschreiben.
Dies gelte es trotz eines "dramatischen Glaubensumbruchs" in der "Freude des Evangeliums" einzulösen, denn: "Wir sehen unsere Botschaft als Gabe für die Gesellschaft". Schließlich würden Glaube, Liebe und Hoffnung keiner Halbwertszeit unterliegen.
Suche nach einer neuen Form der Kirche
Die Kirche solle auch in Zukunft in Pfarren, Gemeinden und in neuen Erfahrungsräumen, die den veränderten Lebensgewohnheiten der Menschen entsprächen, ein lokales und zugleich weltoffenes Angesicht behalten. "Wir wissen, dass wir in der Suche nach einer neuen Form der Kirche nicht allein sind. Dabei werden wir die Einheit mit der Weltkirche wahren und vor allem jene fördern, die sich auf Fragen der Gegenwart einlassen und mutig Schritte zur Erneuerung setzen", sagte der Bischof vor dem Hintergrund der bereits eingeleiteten Strukturreform in der Diözese.
Die Anwesenden forderte er dazu auf, ihre Begabungen und Fähigkeiten für die Gemeinschaft zu nutzen, denn "was einem Menschen mitgegeben ist, hat er nicht nur für sich allein". Auch die Kirche lebe aus einer Vielfalt von Begabungen und Berufungen.
Über diese Vielfalt freuen wir uns: Wir wollen sie entdecken, wecken und fördern, damit die gute Botschaft Jesu in unserem Land auch in Zukunft weitergegeben werden kann.
Papst schickt Jubiläumsgrüße
Gruß und Segenswünsche von Papst Franziskus an die jubilierende Diözese Graz-Seckau überbrachte der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Peter Stephan Zubriggen, den Gästen beim Festakt am Grazer Hauptplatz, der zentralen Veranstaltung des ersten Tages des Diözesanjubiläums. Dieses Jubiläum sei "ein besonderer Grund, gemeinsam Gott dafür zu danken, wie er in dieser Zeit den Weg seines Volkes in der Diözese Graz-Seckau begleitet und behütet hat", schrieb der Papst in seiner Botschaft.
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer lobte das vorbildliche gemeinsame Wirken und Miteinander von Land und katholischer Kirche in der Steiermark. Dieses sei eingebettet in ein großes, real gelebtes Miteinander der Religionsgemeinschaften. Glaube sei ein Aufruf zum Handeln und Tun, er sei kein Selbstzweck und solle dazu führen, die Welt immer auch ein Stück besser zu gestalten. Aus diesem Grund sei das diözesane Jubiläumsfest auch eine Feier für alle Menschen im Land. Die katholische Kirche werde eine Wirkkraft für dieses Land haben, wenn sie sich von Glaube, Liebe und Hoffnung leiten lasse. Diese christliche Haltungen seien weiterhin für das Land unerlässlich, zeigte sich der Landeshauptmann überzeugt.
Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl würdigte in seinem Grußwort die sozialen und geistlichen Früchte der Kirchen und Religionen und sagte:
Um wieviel ärmer wäre unsere Stadt ohne Religionen, ohne Diözese. Wie reich sind wir geworden durch die Diözese, ob durch Kindergärten, im Schulbereich, die Klöster, das Hinblicken auf die Armen und Kranken, in diesem Sinne ein großes Dankeschön.
Inge-Margareta Brenner von der buddhistischen Religionsgemeinschaft überbrachte Grußworte des interreligiösen Beirats der Stadt Graz. Das Ziel aller Religionen sei, dass wir bessere und glücklichere Menschen werden.
Menschen können nicht ohne innere Werte, ohne Ethik auskommen. Wir werden ohne Religion geboren, aber nicht ohne das Bedürfnis nach Mitgefühl.
Dieses gemeinsame ethische Fundament müsse gehegt und gepflegt werden.
Ulrike Frank-Schlamberger, evangelische Pfarrerin und stellvertretende Vorsitzende des Ökumenischen Forums christlicher Kirchen in der Steiermark, formulierte einen Wunsch an die Zukunft:
Als evangelische Kirche wünschen wir uns, dass uns der Tisch des Herrn, die Eucharistie, nicht mehr voneinander trennt und dass ökumenische Gastfreundschaft möglich wird. Ich wünsche mir, dass wir einander Mut machen, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein.
Grußwort an LGBT-Community
Weil zeitgleich mit den Feiern zum Diözesanjubiläum in Graz auch der Christopher Street Day begangen wurde, sandte Bischof Krautwaschl am Samstagnachmittag an die LGBT-Community ein Grußwort. Das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und der LGBT-Community sei nicht einfach und dennoch bemühten sich viele um gegenseitige Offenheit und Wertschätzung. "Leider gibt es immer wieder 'Wertung' von beiden Seiten", die "allzu leicht zur Ab-Wertung" werde. "Für die gilt es sich zu entschuldigen", sagte Bischof und schloss mit dem Wunsch: "Bleiben wir gut miteinander im Gespräch!"
Acht Plätze, acht Bühnen, acht Fragen
Das zweitägige Festprogramm als Höhepunkt des Diözesanjubiläums hatte am Samstagmorgen mit einem ökumenischen Morgenlob im Grazer Dom und einer Prozession in die Herrengasse im Herzen der Altstadt begonnen. Im Anschluss gab es zahlreiche Veranstaltungen in der Grazer City. Dabei verwandelten die über 10.000 Besucher die Grazer Innenstadt in eine riesige Geburtstagsfeier. Eine zentrale Rolle spielten dabei acht Bühnen auf acht Grazer Innenstadtplätzen, die die Themen der in den Monaten davor in acht steirischen Regionen auf Bühnen stattgefundenen Dialogveranstaltungen bündelten und vertieften.
Dabei ging es am Hauptplatz um "Schicksal, Angst & Wunder", im Landhaushof um "Macht, Kirche, Politik" und am Tummelplatz um "Umbruch, Geist & Erneuerung". Vor dem Grazer Ordinariat am Bischofplatz wurde Fragen rund um "Konflikt, Rechte, Religion" thematisiert und am Färberplatz drehte sich alles um soziale Themen unter dem Motto "Chancen arm & reich". Der Schlossbergplatz war Ort des Gesprächs über "denken, wissen, glauben", der Südtiroler Platz stand im Zeichen von "Schönheit & Anspruch" und am Kapistran-Pieller-Platz ging es um "Grenze, Öffnung & Heimat".
Prominente Bühnengäste waren dabei u.a. die Bischöfe Krautwaschl und Hermann Glettler, Fußball-As Viktoria Schnaderbeck, Landtagpräsidentin Vollath, der Theologe Arnold Mettnitzer, die Autorin Barbara Frischmuth, der Tänzer Willi Gabalier, der Entertainer Alfons Haider, der Journalist Tarek Leitner oder Intendantin Iris Laufenberger vom Schauspielhaus Graz. Umrahmt wurde dies von einem breiten Angebot an Konzerten, Workshops, Experimenten und einem eigenen Kinderprogramm am Tummelplatz bzw. in der "Kirchenmeile" in der Herrengasse.
Partnerschaft mit brasilianischer Diözese
Eine solidarische Frucht des Diözesanjubiläums ist die neue Partnerschaft mit der brasilianischen Diözese Bom Jesus da Lapa. Bischof Wilhelm Krautwaschl und Bischof Joâo Santos Cardoso unterzeichneten am Samstagnachmittag die Diözesanpartnerschaft am Grazer Färberplatz.
Der Austausch mit dieser Diözese in einer Armutsregion im Nordosten Brasiliens und Begegnungen mit ihren Menschen solle für beide Seiten eine Bereicherung sein, so die Bischöfe.
Wir, die Diözese Graz-Seckau, sind manchmal wie eine alte Mutter und ich wünsch mir, dass uns unser Urenkel auf die Beine hilft.
Sagte der steirische Bischof. "Wir erwarten uns einen regen Austausch. Wir sind offen für Gäste aus Österreich und ich sehe, dass das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit hier viel Bedeutung hat. Davon können wir lernen", sagte demgegenüber Bischof Dom Joâo Santos.
ORF Steiermark überträgt Festmesse
Die Jubiläumsfeierlichkeiten gipfeln am Sonntag mit einer vom ORF Steiermark live übertragenen, von Krautwaschl geleiteten Eucharistiefeier um 10 Uhr am Platz der Versöhnung im Grazer Stadtpark und anschließendem Frühschoppen. Als Gäste haben sich unter anderem Kardinal Schönborn, Erzbischof Lackner und die Erzbischöfe aus Banja Luka und Maribor angekündigt. Am Ende des Festgottesdienstes wird ein Chor, bestehend aus einzelnen Chören aus den acht Regionen, zusammen mit dem Jugendblasorchester Wies ein Konzert geben. Die Hälfte der Kollekte kommt den steirischen Hochwasseropfern zugute, die andere einem Projekt für Demenzkranke in der bosnischen Diözese Banja Luka.
Es folgt im Anschluss ein Genuss- und Begegnungsfest, mit Musik u.a. einer afrikanischen Trommlergruppen, der Steirischen Streich- und der bischöflichen Hauskapelle. Die Verpflegung kommt von Genuss Region Österreich und der Murauer Brauerei.
Quelle: kathpress