Wiener Dialogzentrum: Kardinal Tauran war großes Vorbild
Das König-Abdullah-Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog (KAICIID) trauert um Kurienkardinal Louis Tauran: Die Welt habe mit dem in der Nacht auf Freitag verstorbenen Kardinalskämmerer der katholischen Kirche, der nach langer Zeit als "Außenminister" des Vatikan bis zuletzt den Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog leitete, "ein großes Vorbild verloren", hieß es in einem Nachruf vom Wochenende. Das Wiener Dialogzentrum nannte Tauran darin einen "lieben Freund und Wegweiser" und als Pionier im interreligiösen Dialog.
Der für Religionsdialog zuständige Kardinal habe die Welt durch seine Arbeit "reicher und respektvoller gemacht, und sein Erbe wird zweifellos weiterbestehen", heißt es in der von KAICIID-Generalsekretär Faisal Bin Abdulrahman Bin Muaammar verfassten Erklärung. "Jeder, der die Ehre hatte, Kardinal Jean-Louis Tauran zu treffen, erinnert sich an diesen großen Mann - und wurde inspiriert, sein Lebenswerk der Förderung von Harmonie durch Religionsdialog fortzuführen."
Bin Muaammar gab an, Tauran 2010 in Beirut kennengelernt und von ihm die Zusage erhalten zu haben, dass der Heilige Stuhl Beobachtendes Gründungsmitglied beim zwei Jahre später errichteten Dialogzentrum werden wolle - neben den Gründungsstaaten Saudi Arabien, Österreich und Spanien. "Seine unterstützenden Worte damals für die Arbeit und Vision des KAICIID hinterließen einen tiefen und bleibenden Eindruck auf mich", so der Generalsekretär.
Sechs Jahre lang habe dann eine stets enge Zusammenarbeit zwischen dem KAICIID und Kardinal Tauran bestanden, bei öffentlichen Terminen und Konferenzen sowie auch bei privaten Diskussionen und Beratungen. Dank dieser Zusammenarbeit und der "ununterbrochenen Unterstützung" Taurans sei es gelungen, das Zentrum als interreligiöse und zwischenstaatliche Organisation aufzubauen und außer den Gründungstaaten auch Spitzenvertreter von Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Hinduisten, Islam und Judentum unter einem Dach zu vereinen.
"Stolzer Moment" in Riad
Die letzte Begegnung sei im saudischen Riad gewesen, als Tauran im April dieses Jahres die höchstrangige Abordnung des Vatikans, die jemals Saudi-Arabien besucht hatte, anführte. Dies sei ein "stolzer Moment für alle, die sich dem christlich-muslimischen Dialog verschrieben haben" gewesen, erklärte Bin Muaammar. Tauran, Bischof Miguel Ayuso vom päpstlichen Dialograt und der vatikanische Islamexperte Khaled Boutros Akasheh - die beiden letzteren gehören dem Vorstand bzw. Beratungsforum des KAICIID an - besuchten damals Bin Muaammars Haus und berieten länger über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Zusammenarbeit zwischen dem Dialogzentrum und dem Heiligen Stuhl.
Bekräftigt habe Tauran bei dieser Gelegenheit seinen tiefverwurzelten Glauben an den Religionsdialog, sowie daran, "dass die Harmonie und Koexistenz zwischen Christen und Muslimen nicht nur möglich ist, sondern zu einem Vorteil für alle unsere Zivilisationen führen wird, so wie dies bereits in der Vergangenheit der Fall war". Der Kardinal habe auch von der Notwendigkeit gesprochen, das gemeinsame Erbe den künftigen Generationen weiterzugeben - "damit sich die Menschen daran erinnerten, dass Vielfalt nicht eine Bedrohung, sondern ein Geschenk ist", berichtete Generalsekretär Bin Muaammar.
"Einander zuhören und kennenlernen"
Der im französischen Bordeaux geborene Kardinal Jean-Louis Tauran war in der Nacht auf Freitag im Alter von 75 Jahren gestorben. Er litt seit langem an der Parkinson-Krankheit. Der Weltöffentlichkeit bekannt wurde er vor allem, weil er am 13. März 2013 als damaliger Kardinalprotodiakon von der Loggia des Petersdoms aus das "Habemus Papam" und damit die Wahl von Papst Franziskus verkündete. Im März 2015 erhielt Tauran das ehrenvolle Amt des Kämmerers der Heiligen Römischen Kirche (Camerlengo), dem nach dem Tod oder Amtsverzicht eines Papstes bis zur Wahl eines Nachfolgers eine maßgebliche Rolle im Vatikan zukommt.
Bereits unmittelbar an Taurans Todestag hatte das KAICIID am Freitag auf Twitter einen Nachruf veröffentlicht - mit einem Bild und Zitat des Kardinals von der Eröffnung des Wiener Zentrums im Jahr 2012: "Interreligiöser Dialog drängt uns dazu, einander zuzuhören und besser kennenzulernen, nachzudenken bevor wir urteilen, sowie einander den Inhalt unseres Glaubens und unsere Gründe für das Leben vorzustellen, mit Freundlichkeit und Respekt. Deshalb kann der interreligiöse Dialog zu einem geschwisterlichen Umgang inspirieren, Weisheit vermitteln und zum Handeln ermutigen", erklärte Tauran damals.
Quelle: kathpress