Glettler: Kirche braucht "ansteckendes Charisma" von Sant'Egidio
Bischof Hermann Glettler hat der katholischen Laienbewegung Sant'Egidio für ihre Präsenz in Österreich gedankt. Die Kirche brauche das "ansteckende Charisma" des aus dem Glauben motivierten Einsatzes mitten in der Gesellschaft für Menschen, die ausgegrenzt sind oder schwer zu tragen haben, sagte der Innsbrucker Diözesanbischof am Wochenende bei einem Dankgottesdienst in der Wallfahrtsbasilika Wilten. Mehrere hundert Gäste aus dem In- und Ausland feierten dabei das zehnjährige Wirken in Österreich sowie das 50-jährige Bestehen der weltweiten Gemeinschaft seit ihrer Gründung in Italien.
Glettler ermutigte die Anwesenden zum weiteren Einsatz für das Gute, für Frieden und Gerechtigkeit. Es sei eine besondere Berufung der Mitglieder von Sant'Egidio, wie Jesus den Menschen zuzuhören, wenn sie von ihren Verwundungen und schönen Ereignissen erzählten. "Wenn Menschen ihrer Berufung nachgehen, ist Ostern", betonte der Bischof. Der vielfältige Einsatz auf und an "sozialen Baustellen" sowie auch in Friedensmissionen und im humanitären Resettlement sei für die Sant'Egidio-Mitglieder eine große Belastung, die nur dadurch auszuhalten sei, dass dies "immer wieder dem Herrn anvertraut" werde.
Ein wesentliches Element der Friedensarbeit von Sant'Egidio sind die Friedensgebete, die etwa in der Innsbrucker Kapuzinerkirche einmal monatlich am Freitagabend stattfinden. Er selbst habe eines der allabendlichen Sant'Egidio-Gebete in der römischen Kirche Santa Maria im Stadtteil Trastevere bereits miterlebt, berichtete Glettler; aus dem Gebet entspringe die spezielle Hinwendung zu notleidenden Menschen und Armen. Der Bischof sprach den Wunsch aus, dass Sant'Egidio in Österreich weiter wachsen möge, als ein "Segen für die Kirche und die Gesellschaft".
Unter den Mitfeiernden waren auch Vertreter der geistlichen Bewegungen, der Ordensgemeinschaften und Pfarren, sowie auch der evangelischen Kirche, der griechisch-orthodoxen Kirche vom Patriarchat Antiochia, und Familien aus Syrien, Irak, Libanon und der Türkei, die in den vergangenen Jahren bei Sant'Egidio Gastfreundschaft erlebt haben. Auch die beiden Töchter des Seligen Franz Jägerstätter nahmen an den Festlichkeiten teil.
Mauern und Zerrissenheit überwinden
In den vergangenen zehn Jahren sei in Österreich ein "Netz der Freundschaft und Solidarität" entstanden, blickte die Leiterin von Sant'Egidio Österreich, Vera Merkel, in ihrer Ansprache zurück. In einer "zerrissenen Welt" sei es heute ein wichtiges Anliegen der Gemeinschaft, die Menschen nicht als anonyme Masse zu verstehen, sondern als "großes Volk", das freundschaftlich vereint sei. Die Erfahrung des Gründers Andrea Riccardi im Jahr 1968, dass man eine Veränderung der Welt bei sich selbst beginnen müsse, gelte auch in der Gegenwart mit ihren "Ängsten und Mauern".
Das Evangelium sei eine besondere Hilfe bei dieser Aufgabe, betonte Merkel: Mit direkter, an das Herz gerichteter Sprache schenke es "offene Augen und ein offenes Herz für die Menschen und Nöte unserer Stadt und unserer Welt". Ziel sei es, sich von dem Wort Gottes "verändern zu lassen, um etwas in der Welt zu verändern und Visionen zu leben: Den Traum, dass das Evangelium für ausnahmslos alle ist, und den Glauben daran, dass für Gott nichts unmöglich ist." Wichtig für Sant'Egidio sei es stets, an der Seite der "Armen in der Nähe und in der Ferne" zu sein und in ihnen Jesus zu begegnen.
Einsatz für Frieden und Dialog
Sant'Egidio ist heute in 70 Ländern aktiv und zählt über 60.000 Mitglieder. Die Bewegung geht zurück auf römische Schüler und Studenten, die sich 1968 in den Dienst des Gebetes und des soziales Engagements stellen wollten. Stand ganz am Anfang der Einsatz für Hausaufgabenhilfe für Kinder römischer Elendsviertel, war die Gemeinschaft wenige Jahre später in der Versöhnungs- und Friedensarbeit aktiv und trug 1992 entscheidend zu einem Friedensabkommen in Mosambik bei. Als Johannes Paul II. die Gemeinschaft, die 1986 in Assisi begonnenen Weltfriedensgebete fortzuführen, kam als weitere Dimension der interreligiöse Dialog dazu.
Quelle: Kathpress