Suizidprävention: Bei Verdacht am besten offen ansprechen
Ein Gespräch anbieten und einfühlsam zuhören ist das Beste, was man gegenüber einem Menschen mit möglicher Suizidgefahr tun kann: Das haben Mediziner und Experten der Telefonseelsorge OÖ am Montag bei einer Pressekonferenz in Linz zum Welt-Suizid-Präventionstag (10. September) hervorgehoben. Es sei ein falsches Vorurteil, man dürfe Suizidgefährdete nicht auf ihre möglichen Suizidgedanken ansprechen, betonte dabei der Wiener Suchtpräventionsforscher Claudius Stein. "Keine Scheu haben, nachfragen und aktiv Hilfe anbieten - ein derart offener Zugang macht es dem Betroffenen leichter, Unterstützung anzunehmen."
Dass es völlig falsch ist, aus Angst das Thema Suizidgedanken nicht anzusprechen, verdeutlichte der Ex-Skispringer und ÖSV-Trainer Alexander Pointner; seine jugendliche Tochter hatte im Zuge von Depression selbst Suizid verübt und war nach längerem Wachkoma gestorben. "Wir hatten zuvor über so viele Jugendprobleme diskutiert: Über Drogen, Magersucht, Sexualität - aber nicht über das Thema Suizid." Wichtig wäre es, über Suizidgedanken "so selbstverständlich zu sprechen wie über die Symptome einer Grippe", so seine Empfehlung.
Suizid gehört zu den 20 häufigsten Todesursachen weltweit: Eine Million Menschen nehmen sich laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO jährlich das Leben, was weit mehr sind als die Zahl der Opfer von Mord, Krieg und Naturkatastrophen. "Alle 40 Menschen stirbt ein Mensch durch Suizid", berichtete Stein. Bei den 15- bis 29-Jährigen ist Suizid die zweithäufigste Todesursache, zudem ist die Zahl der Suizidversuche noch 20 mal höher als jene der vollzogenen Suizide.
In Österreich ist die Suizidrate seit Mitte der 1980er-Jahre um mehr als 40 Prozent zurückgegangen - von 2.139 Suiziden im Jahr 1986 auf 1.204 Suizide im Jahr 2016. Mit nunmehr 14,5 Suiziden auf 100.000 Einwohnern liegt Österreich damit im EU-Durchschnitt. Auffallend ist, dass sich dreimal mehr Männer als Frauen das Leben nehmen und auch deutlich mehr ältere Menschen als jüngere. Trotz des Abwärts-Trends, der von Experten auf verstärkte Aufklärung, großflächige psychosoziale Versorgung und rücksichtsvollere Berichterstattung in den Medien zurückgeführt wird, dürften die Präventionsbemühungen nicht nachlassen, so der gemeinsame Appell.
Zu diesem Versorgungsnetz gehört auch die Telefonseelsorge OÖ, die unter der Telefonnummer 142 24 Stunden pro Tag kostenlos und anonym erreichbar ist. Menschen könnten sich bei einem Anruf "einfach alles einmal von der Seele reden", wobei die Mitarbeiter am Hörer versuchten, "die Verzweiflung und Enge der Betroffenen mitauszuhalten und nicht zu beschönigen oder abzumildern", schilderte Silvia Breitwieser, die Leiterin der Einrichtung. Immer wieder gelinge es im Telefongespräch, Menschen dazu zu motivieren, sich anderen anzuvertrauen oder eine Beratungsstelle aufzusuchen, zudem versuche man, Perspektiven im Leben aufzuzeigen. Alternativ wird Beratung unter www.ooe.telefonseelsorge.at auch Online in Form von Mail- oder Chatberatung angeboten.
Quelle: kathpress