Neue Diakonie-Direktorin Moser: Bedürftigen eine Stimme geben
Die neue Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser hat ihre mit September begonnene Aufgabe mit dem Anspruch verknüpft, Bedürftigen eine Stimme zu geben. In ihrer Antritts-Pressekonferenz am Mittwoch in Wien stellte sie die Bedürfnisse und Rechte von Kindern in den Mittelpunkt; anwesend dabei waren der körperlich und sprachlich schwer behinderte Liam (8) und seine Mutter, der dank eines augengesteuerten Sprachcomputers erfolgreich eine oberösterreichische Volksschule besucht. Moser forderte angesichts des "Spießrutenlaufs" der betroffenen Familie bei verschiedenen Behörden um finanzielle Unterstützung einen Rechtsanspruch auf derlei assistierende Technologien ein.
In Österreich leben laut Diakonie 63.000 Menschen - darunter viele Kinder - mit Sprachbehinderungen. Der evangelischen Kirche als einer "Kirche des Wortes" und ihrer Hilfsorganisation sei das Recht auf Kommunikation ein Anliegen, betonte Moser. Zehn Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenkonvention wäre es an der Zeit, dass die Politik Sprachbehinderungen mit verlässlicher Hilfe "statt mit Almosen und Gnadenakten" begegnet. Für dringend notwendig erachtet Moser auch die Anpassung des aus dem Jahr 1994 stammenden Hilfsmittelkataloges an den aktuellen Stand der Technik sowie eine zentrale Anlaufstelle nach dem Prinzip "One-Stop-Shop" für Betroffene.
Auch in zwei anderen Bereichen setzt sich die Diakonie-Direktorin konkret für Kinder ein: Sie forderte einen flächendeckenden Ausbau der "Frühen Hilfen" für junge Mütter von Kleinkindern sowie mehr Ressourcen für Kinder aus einkommensschwachen Familien, um dem in Österreich verbreiteten Phänomen der vererbten Bildungsarmut beizukommen.
"Frühe Hilfen" benötigten verunsicherte Mütter, die durch postnatale Depressionen, Probleme in der Partnerschaft oder als Alleinerziehende in überfordernde Situationen geraten. Fachleute oder auch Möglichkeiten zum Austausch unter Betroffenen wie die von der Diakonie angebotenen "Mum&Baby-Treffs" und "Steep-Gruppen" sollten den Status von Modellprojekten verlassen und im Regelsystem verankert werden, so Moser. Sie verwies auf US-Studien, wonach ein Dollar, der in diesem Sinne sozial investiert wird, ein Vielfaches an "Rendite" ergibt. "Wer früh hilft, hilft doppelt und dreifach", betonte die Diakonie-Direktorin.
Außerdem nimmt die Diakonie auch jene 50.000 Sechs- bis Neunjährigen und 80.000 Zehn- bis 14-jährigen Kinder in den Blick, die in einkommensarmen Haushalten leben. "Es darf bei Kindern aus Familien in Mindestsicherung keinesfalls gekürzt werden", forderte Moser; denn die Auswirkungen von Armut auf Gesundheit sowie auf Chancen und Teilhabe seien bei Kindern massiv. Direkte finanzielle Unterstützung durch soziale Transferleistungen müssten freilich Hand in Hand gehen mit infrastrukturellen Maßnahmen: Moser sieht einen "Chancenindex" für benachteiligte Schulstandorte, der u.a. den Bildungsstand und das Einkommen der Eltern berücksichtigt, als dringend geboten.
Kritik an "superharter" Asylpolitik
Angesprochen auf ein am Mittwoch bekannt gewordenes Arbeitspapier des Innenministeriums, wonach trotz anhaltender Proteste aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft auch Asylwerber in aufrechter Lehre abgeschoben werden sollen, äußerte Moser Unverständnis und vermutete "pure Ideologie" bei den politisch Verantwortlichen. Besser als einen "superharten Kurs" in der Asylpolitik vorweisen zu können und damit der heimischen Wirtschaft zu schaden wäre das in Deutschland geltende "3+2-Modell", das asylwerbenden Lehrlingen die Beendigung ihrer Ausbildung und danach noch eine zweijährige Berufseinstiegsphase ermöglicht.
Forderungen wie diese will Moser bei den traditionellen Diakonie-Vorweihnachtsbesuchen mit Übergabe eines Adventkranzes bei Politikern deponieren. Die evangelische Hilfsorganisation kümmere sich - unabhängig vom religiösen Bekenntnis Betroffener - um verschiedenste "Wunden" und Nöte. Doch das allein genüge nicht, sagte Moser: Wenn sie etwa bei der Armutsbekämpfung bessere Möglichkeiten sähe als die ergriffenen, oder wenn durch politische Maßnahmen Wunden erst geschlagen würden, wolle sie sich öffentlich zu Wort melden. Den Auftrag dazu gebe sie sich nicht selbst, sondern das Evangelium, dem die Diakonie verpflichtet sei.
Fokus auf Behinderte
Maria Katharina Moser übernahm mit 1. September das Amt der Direktorin der Diakonie Österreich von Michael Chalupka. Die gebürtige Wienerin wuchs in Eferding (OÖ) auf, studierte katholische und (nach ihrer Konversion zur evangelischen Kirche) evangelische Theologie in Wien und interkulturelle Frauenforschung in Manila. Ihr beruflicher Werdegang führt sie von der Jugendarbeit und der Erwachsenenbildung zunächst an die Universität. Nachdem sie 2005 im Fach Sozialethik promoviert hatte, war sie forschend und lehrend an der Universität des Saarlandes tätig. Nach sieben Jahren als Journalistin in der ORF-Religionsabteilung wurde Moser zuerst Vikarin und dann Pfarrerin in der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien-Simmering.
Als Diakonie-Direktorin will Moser den Scheinwerfer im ersten Jahr - wie sie ankündigte - besonders auf die Situation und Rechte von Menschen mit Behinderung, von Kindern und Jugendlichen sowie auf Pflege und Demenz richten.
Die Diakonie ist Hilfs- und Sozialorganisation der Evangelischen Kirchen und zählt zu den fünf größten Sozialorganisationen in Österreich mit rund 9.000 Mitarbeitern an 600 Standorten in ganz Österreich.
Quelle: kathpress