Wien: Wolfgang Thierse bei theologischem "Dies facultatis"
Die Frage nach der Bedeutung der Religion in einem modernen Staat steht heuer im Fokus des "Dies facultatis" der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Festredner des Fakultätstages am 15. Oktober, der zugleich das neue Semester eröffnet, ist der Politiker und frühere Präsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse. "Beim säkularen Staat handelt es sich nicht um ein antireligiöses Projekt. Er schließt Religion nicht aus, sondern lässt die Koexistenz einer Vielfalt religiöser wie areligiöser Überzeugungen zu", heißt es in der Einladung. Entsprechend müsse man fragen, wie sichtbar Religion in der Öffentlichkeit agieren dürfe, wo sie politische Wirksamkeit entfalten dürfe und wo sich wiederum der Staat politische Einmischung seitens der Religion verbitten müsse.
Eröffnet wird der "Dies facultatis" und zugleich offiziell auch das Wintersemester mit einem Gottesdienst in der Wiener Schottenkirche (Freyung 6, Beginn: 16 Uhr). Die eigentliche Festveranstaltung findet dann ab 18 Uhr im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt (Universitätsring 1, 1. Stock). Nach der Eröffnung u.a. durch den neuen Dekan der Fakultät, Prof. Johann Pock, und der Vergabe der heurigen Dissertationspreise durch Studienprogrammleiter Prof. Rupert Klieber wird Wolfgang Thierse zum Thema "Bedeutung von Religion in pluralistischer Gesellschaft und weltanschaulich neutralem Staat" sprechen. Dabei werde er die Bedeutung des zivilgesellschaftlichen Engagements der Bürger für das Gemeinwohl unterstreichen, heißt es in einer Ankündigung der Fakultät: "Dabei spielen Angehörige von Religionsgemeinschaften eine gewichtige Rolle".
Wolfgang Thierse, 1943 in Breslau geboren, studierte Kulturwissenschaft und Germanistik an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er anschließend an der Sektion Kulturwissenschaften/Ästhetik als wissenschaftlicher Assistent tätig war. Zwischen 1977 und 1990 war er außerdem an der Akademie der Wissenschaften der DDR tätig. 1990 trat er in die SPD ein. Zwischen 1990 und 1998 war Thierse stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, ehe er von 1998 bis 2005 zunächst Präsident und von 2005 bis 2013 Vizepräsident des Deutschen Bundestages war.
Thierse hatte viele Jahre den Vorsitz der Grundwertekommission der SPD und des Sozialdemokratischen Kulturforums inne. Zudem ist er Sprecher des Arbeitskreises "Christen in der SPD", Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Vorsitzender der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung sowie Ehrendoktor der Universität Münster und Autor zahlreicher Publikationen zu politischen Grundsatzfragen. (Infos und Anmeldung: https://ktf.univie.ac.at)