Linzer Bischof Scheuer kritisiert kompromisslose Abschiebepraxis
Der Linzer Bischof Manfred Scheuer übt Kritik an der seines Erachtens kompromisslosen Abschiebepraxis der heimischen Behörden. In einem Interview in der aktuellen Ausgabe der "KirchenZeitung" der Diözese Linz kritisiert Scheuer, dass das humanitäre Bleiberecht kaum mehr eingesetzt wird - auch nicht bei besonders berücksichtigungswürdigen Fällen, wo Familien etwa schon sehr gut integriert seien.
Er höre von vielen Fällen, so der Bischof, "in denen Integration in einem hohen Maß gegeben ist, und trotzdem enden viele dieser Verfahren mit Abschiebung in die Herkunftsländer - unter der Annahme, dass die Lage dort stabil sei". Das betreffe im Besonderen Afghanistan. Glaubwürdige Berichte machten aber deutlich, dass dort die sicherheitspolitische Lage alles andere als unbedenklich sei. Scheuer:
Da wäre das Bleiberecht ein legales Instrument, dass auf Basis der Menschenrechtskonvention der Humanität ein Vorrang eingeräumt wird. Das humanitäre Bleiberecht soll nämlich kein totes Recht sein.
Der Bischof hob zugleich hervor, dass Integration einen Mehrwert für die Gesellschaft bedeute: Die Gesellschaft "wird ja nicht ärmer mit den Menschen, die hierbleiben wollen, sondern reicher." Abgesehen davon hätten der Staat bzw. die Gesellschaft "doch einiges in diese Menschen investiert. Und dann wollen wir nicht davon profitieren, dass sie einen Berufsabschluss machen oder in das Arbeitsleben integriert werden?", so Scheuer.
Wie der Bischof weiter sagte, wolle er ausdrücklich allen danken, "die sich für Geflüchtete eingesetzt haben und gegenwärtig einsetzen". Integration sei ja nicht nur eine rechtliche Frage, "sondern setzt viele Bereiche voraus, wie zum Beispiel Kommunikation: dass Menschen aus der Bevölkerung auf die Geflüchteten zugehen".
Im Jahr 2015 habe die Gesellschaft in Oberösterreich im besten Sinn des Wortes Gastfreundschaft gezeigt. Aus Begegnungen seien oft Beziehungen und auch Freundschaften geworden. Die Zivilgesellschaft habe dabei "dem Staat in einem sehr hohen Maß unter die Arme gegriffen". Diese Bemühungen "sollten und müssen auch anerkannt werden". Jedoch:
Durch eine kompromisslose Abschiebungspraxis werden Menschen vor den Kopf gestoßen, die sich jahrelang für eine gelungene Integration eingesetzt haben.
Quelle: kathpress