10. Okt. 2018
Bildungshaus St. Virgil
Salzburger Pflegekongress: Freiheiten und Spielräume nutzen
Trotz zahlreicher Vorgaben für den Pflegebereich sollen in der täglichen Praxis bestehende Spielräume entdeckt und genutzt werden. So lautet das Resümee der auf diese Thematik spezialisten deutschen Theologin Regina Radlbeck-Ossmann beim zweitägigen Pflegekongress, der am Samstag in Salzburg zu Ende gegangen ist. An der praxisnahen Tagung nahmen rund 250 Experten und Fachkräfte vornehmlich aus dem kirchlichen Bereich in Österreich und Deutschland teil. Wo Freiheiten und Spielräume verantwortlich gestaltet werden, bleibe Pflege effektiv und beinhalte dennoch Zuwendung von Mensch zu Mensch, so die Theologin aus Halle.
Bereits zum 42. Mal richteten die Erzdiözesen München-Freising und Salzburg und die Diözesen Augsburg und Regensburg heuer den Salzburger Pflegekongress aus, zum ersten Mal im kirchlichen Bildungshaus St. Virgil. Vom Organisationsteam versichert Detlef Schwarz, Leiter der Krankenseelsorge der Erzdiözese Salzburg:
Es ging dabei in erster Linie um Zuspruch und Ermutigung für alle in der Pflege Tätigen.
Die Wiener Philosophin Doris Pfabigan wies darauf hin, dass im Gesundheits- und Sozialbereich in den vergangenen Jahrzehnten eine weitreichende Ökonomisierung stattgefunden habe. "Pflegende als Handelnde und die Pflegehandlung selbst müssen austauschbar sein und die Leistungen jederzeit nach messbaren, objektivierbaren und streng rationalen Qualitätsstandards erbracht werden können", stellte sie fest. Es gebe aber kommunikative und beziehungsorientierte Pflegearbeit, mit der Anerkennung, Achtung und Solidarität ausgedrückt werden, die sich nicht oder nur unzureichend messen lassen. "Was ist, wenn sie aus dem Versorgungsprozess wegrationalisiert werden?", fragte Pfabigan.
Über die "Macht der Worte" referierte der Sozialwissenschafter Peter Hammerschmid. "Das Bewusstsein für das, was und wie wir etwas sagen, ist oftmals nicht vorhanden", berichtete der Regensburger. Viele Konflikte könnten vermieden werden, wenn die Gesprächspartner bewusster reden und spüren, was ihre Aussagen beim Gegenüber auslösen könnten. Die eigenen Sprachgewohnheiten zu reflektieren helfe, die "Macht der Worte" sowohl beruflich wie auch privat erfolg- und segensreich zu nutzen.
Professorin Sandra Bensch von der Katholischen Hochschule Mainz ging detailliert auf die Gesundheitsökonomie ein. "Jährlich stürzen rund 400.000 Personen in deutschen Pflegeheimen", informierte sie. Pflegepraktisch und wissenschaftlich erwiesen sich Menschen aber nicht als Fälle. Pflegende seien allerdings zu rationalisierten Arbeitsabläufen gezwungen. Dadurch würden Krankstände steigen, "viele verlassen den Beruf", so die Wissenschafterin. Die Pflegebildung müsse daher Lernende auf die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen der Pflegepraxis vorbereiten.
Der Wiener Künstlerseelsorger Gustav Schörghofer hob in seinem Referat am Samstag den Begriff "karman" aus der indischen Philosophie hervor. Mit "karman" sei die Einheit von Wort und Wirkung gemeint. "Wer pflegend den Freiraum der Gepflegten achtet und ihnen Freiraum schafft, der erschafft sich selbst in Freiheit und erhebt sich zu seiner wahren Gestalt", sagte der Jesuit. Kunstwerke könnten dabei auf etwas aufmerksam machen, das normalerweise übersehen werde. Deshalb sei es wichtig, "Kunstwerken Aufmerksamkeit zu schenken". Schörghofer stellte dazu Beispiele aus Dichtung, Architektur und bildender Kunst vor.
Quelle: kathpress