Kneissl: KAICIID sollte Fokus auf Sunniten-Schiiten-Dialog legen
Für Außenministerin Karin Kneissl ist die wegen der Causa Khashoggi von der Opposition - namentlich u.a. SPÖ-Außenpolitiksprecher Andreas Schieder - geforderte Schließung des saudisch finanzierten Wiener KAICIID-Dialogzentrums (King Abdullah International Center for Interreligious and Intercultural Dialogue) derzeit kein Thema. "Österreich kann nicht hergehen und eine internationale Organisation schließen", sagte Kneissl am Dienstag in der "ZiB2". Österreich sei eines der drei Mitgliedsstaaten des Zentrums, neben Saudi- Arabien und Spanien. Zudem bestehe ein Amtssitzabkommen mit den anderen Vertragsparteien.
Allerdings wolle sie nun mit Nachdruck Reformen und Transparenz einfordern, sagte die Ministerin. U.a. wolle sie eine Person ihres Vertrauen in die Gremien schicken. Diese solle die Umsetzung der Reformen anschieben. Als künftige zentrale Aufgabe des Zentrums sehe sie den sunnitisch-schiitischen Dialog in Nahost.
Sie habe - so Kneissl - am Dienstag ein sehr ausführliches Gespräch mit dem saudischen Botschafter zum Mord am kritischen Journalisten Jamal Khashoggi, zu den Massenverhaftungen an demonstrierenden Frauen im Juni und weiteren Punkten geführt. Betreffend den Fall Khashoggi habe sie den Botschafter über ihre Besorgnis informiert und eine unabhängige Untersuchung eingefordert. Ihr Eindruck sei dabei gewesen, "dass man sich der Probleme sehr bewusst ist".
Sie habe sich weiters den Reformforderungskatalog angeschaut, der im Außenministerium vor vier Jahren erstellt worden sei. "Das Zentrum war immer Gegenstand von Debatten. 2014 war auch eine große Debatte, wegen der Verurteilung des Bloggers Rauf Badawi, der Frage von Religionsfreiheit - wie verhält es sich mit Atheisten beispielsweise -, und das Außenministerium hat dann 2015 einen langen Forderungskatalog erstellt. Und ich habe heute auch in einem Telefonat mit dem Generalsekretär des Zentrums die Gelbe Karte aufgezeigt und gesagt, es geht uns um einiges", hob die Ministerin hervor.
Sie erwähnte die Zentralpunkte Transparenz und Reformen:
Zum ersten Transparenz, was genau macht das Zentrum? Wir haben jetzt einige Seminarveranstaltungen und Publikationen gesehen. Aber auch seitens des Vatikans - ich habe mit dem Nuntius ein Gespräch dazu geführt, bin auch mit meinem spanischen Kollegen Außenminister Borrell in Kontakt - ist da schon der Wunsch nach sehr, sehr viel mehr Transparenz und Umsetzung der Reformen da.
Reformen bedeuteten - so Kneissl -, dass "man aus dem Elfenbeinturm rausgeht, raus aus diesem Konferenzbetrieb, rein in etwas Operativeres. Und ich habe dem Generalsekretär konkret vorgeschlagen: Wie wäre es mit einem sunnitisch-schiitischen Dialog? Weil wir haben im Nahen Osten viel mehr Moslems, die durch andere Moslems umkommen als jetzt durch einen christlich-muslimischen Konflikt. Wir haben einen ganz schweren innermuslimischen Konflikt."
"Verhöhnung der Opfer"
Der SPÖ-Außenpolitiker Andreas Schieder forderte in der ZiB 2 (Dienstag) die Schließung des KAICIID, weil sich die Hoffnung, es würde hilfreich für das Zustandekommen von Reformen im wahabitischen Königreich sein, in den vergangenen sechs Jahren nicht realisiert hat. Schieder hatte die Errichtung des KAICIID anfänglich befürwortet.
In einer Aussendung hatte Schieder am Montag erklärt, der Name "Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog" mute angesichts der Ermordung Khashoggis und der sich immer weiter verschlechternden menschenrechtlichen Situation in Saudi-Arabien "nur mehr wie eine Verhöhnung der Opfer des saudischen Regimes" an. "Die Frage nach dem Sinn dieses Zentrums stellt sich immer drängender", so Schieder. Österreich habe sich immer als Vorkämpfer für Menschenrechte und für den Schutz von Presse- und Meinungsfreiheit verstanden. "Wir müssen uns auf allen Ebenen, national wie international, dafür einsetzen", erklärte der Oppositionspolitiker. Auch die Liste Pilz fordert die Schließung des KAICIID. Die NEOS zeigten sich besorgt.
Rabbiner Rosen: Österreich ist inkonsequent
Der "Advisor on Interreligious Affairs" im israelischen Oberrabbinat, David Rosen, der im neunköpfigen KAICIID-Direktorium vertreten ist, wies die Kritik zurück. Der Rabbiner im "Kurier"-Interview (Mittwoch):
Hier werden Äpfel mit Orangen vermischt. Wir sind nicht dazu da, eine Politik zu forcieren, zu verteidigen oder zu kritisieren. Das ist nicht unser Mandat. Unser Auftrag ist der Dialog. Wir äußern uns ja auch nicht zu Menschenrechtsverletzungen in China, zur Behandlung der Rohingya in Myanmar oder der Roma in Europa.
Generell sei die Politik Österreichs gegenüber dem Zentrum "inkonsistent". Wenn es opportun erscheine, hagle es Vorwürfe: "Zeitweise kommen wir uns wie ein Fußball vor, den die Politik für ihre Zwecke verwendet. Ausgenommen sind hier die Staatspräsidenten - auch schon Heinz Fischer - und Kardinal Schönborn", sagte der englische Rabbiner.
Das Argument, dass die Saudis das KAICIID bloß als PR-Maschine benützten, um sich nach außen ein liberaleres Image zu verpassen, kann Rosen nicht nachvollziehen:
Wir machen doch fast keine PR-Arbeit. Dafür umso mehr programmatische: Das reicht vom Studentenaustausch bis zu Workshops vor Ort, etwa in Nigeria. Aber wir unterstützen auch Österreich in der Flüchtlingsfrage - etwa durch Bildungsprogramme oder im Bereich des kulturellen Zusammenlebens.
Direktorin: "Viel geleistet"
KAICIID-Kodirektorin Kezevino Aram betonte am Dienstag in der ZiB 2, gerade wenn die Welt immer gewalttätiger werde brauche es Einrichtungen wir das KAICIID. Das Zentrum habe in den vergangenen sechs Jahren diesbezüglich viel geleistet, und es habe die religiöse Zusammenarbeit gefördert.
Am Sonntag hatten sich die KAICIID-Direktoren in einer Aussendung über den Fall Khashoggi "sehr besorgt" gezeigt: "Wir hoffen, dass eine transparente Untersuchung die Wahrheit ans Licht bringen wird und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden", betonten sie. Der Familie und den Freunden des im saudischen Konsulat in Istanbul durch Folter ums Leben gekommenen Journalisten Jamal Khashoggi sprachen die KAICIID-Direktoren "tief empfundenes Beileid" aus und sie bekräftigten ihre Verurteilung jeder Form von Gewalt. Wie es in der Aussendung hieß, habe sich das KAICIID-Direktorium bei seiner Sitzung am Freitag auch mit den jüngsten Ereignissen in Istanbul auseinandergesetzt.
Das KAICIID wurde Ende 2012 von Österreich, Spanien, Saudi-Arabien gegründet und von den Saudis größtenteils finanziert. Seit seiner Gründung ist der Heilige Stuhl als Ständiger Beobachter in die Arbeit des Dialogzentrums strukturell eingebunden. Geleitet wird das KAICIID von einem multireligiösen Direktorium, dem Vertreter von Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum angehören. Die katholische Kirche ist dabei durch Kurienbischof Miguel Ayuso, die orthodoxe Kirche durch Metropolit Emmanuel Adamakis von Paris vertreten.
Quelle: kathpress