Theologe: Öffentlich zugänglicher Ort der Trauer wichtig
Die katholische Kirche bevorzugt Erdbestattungen vor der Kremation, heute jedoch eher aus gesellschaftlichen Gründen denn aufgrund des Glaubens: Das hat Florian Wegscheider vom Institut für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie der Katholischen Privat-Universität Linz gegenüber den "Oberösterreichischen Nachrichten" (OÖN, Mittwoch) dargelegt. Abgelehnt werde die Urnenbestattung von der Kirche seit 1963 nicht mehr - außer im Fall, "dass sich jemand verbrennen lässt, um auszudrücken, dass er nicht an die Auferstehung glaubt", so Wegscheider mit Blick auf die nahenden Feste Allerheiligen und Allerseelen.
Die Erdbestattung entspreche der Tradition unseres Kulturkreises und werde seit Tausenden Jahren praktiziert, betonte der Theologe. Ein starker Wandel ist hier jedoch zu beobachten - in Österreich wählen laut "OÖN" heute zwischen 30 und 40 Prozent die Kremation, in Vorarlberg sogar 90 Prozent, im Weinviertel hingegen nur 15 Prozent; Gründe dahinter sind u.a. der Platzbedarf, niedrigere Kosten, leichtere Grabpflege und der Wunsch nach einer individuelleren Bestattung wie etwa einem Flussbegräbnis.
Speziell das Verstreuen von Asche sehe die Kirche jedoch kritisch, legte Wegscheider dar. Dabei gehe es nicht etwa um den Gedanken, dass ein Mensch nicht auferstehen könne, da Gott nach dem Verstreuen "die Teile nicht findet": Mit der Idee eines souverän handelnden Gottes sei dies nicht vereinbar, so der Theologe. Zentral sei vielmehr das Pochen auf einen festen Ort der Erinnerung. Ähnliches gelte auch für den Trend, Urnen im Garten oder in der Wohnung aufzubewahren: "Ein Erinnerungsort sollte öffentlich zugänglich sein, denn die Trauergemeinde ist größer als die Familie."
Würden Angehörige die Urne ihrer verstorbenen Großmutter beispielsweise in ihr Haus stellen, hätten deren Freundinnen keinen festen Ort, den sie besuchen und an dem sie um sie trauern könnten, so Wegscheider. Dass es der Kirche bei dem Thema vorrangig um die Einnahmen der Friedhofsgebühren gehe, wies der Linzer Experte zurück: Diese seien vernachlässigbar gering, zudem vertrete man dieselbe Haltung auch außerhalb Österreichs, wo sich Friedhöfe nicht in Kirchenbesitz befinden.
Dossier Allerheiligen & Allerseelen
Quelle: Kathpress