Expertin fordert mehr Schutz für Opfer von Menschenhandel
Mehr Schutz für Opfer von Menschenhandel in Österreich fordert die an der Universität Wien lehrende Kriminologin Katharina Beclin. Österreich habe im Zuge der Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats zur Bekämpfung von Menschenhandel wichtige rechtliche und praktische Schritte gesetzt, um Menschenhandel zu verhindern und Opfern besser zu helfen, dennoch bestünden weiterhin "große Lücken" in der Gewährung von Schutz für Betroffene. Die Expertin Beclin äußerte sich im Rahmen eines auch von den Ordensgemeinschaften Österreich unterstützten Symposions der "Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel" und der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien am Dienstag im Wiener Juridicum.
Bei dem Symposion unter dem Titel "Betroffene von Menschenhandel - Unsichtbar oder TrägerInnen von Recht" berichteten auch Vertreter von NGOs, die sich auf den Rechtsbeistand von Betroffenen spezialisiert haben, aus der Praxis. Unter ihnen war auch die Ordensfrau Sr. Anna Mayrhofer von "SOLWODI Österreich". Der von sechs weiblichen Ordensgemeinschaften gegründete Verein finanziert und betreut eine Schutzwohnung für Frauen in Wien.
Noch immer würde ein Großteil der Fälle von Menschenhandel in Österreich den Behörden nicht gemeldet, machte die Kriminologin Beclin bei der Veranstaltung aufmerksam. Die Expertin führt das auf mangelnde Informationen seitens der Behörden für Betroffene und die Angst vor Abschiebung in das Heimatland bei fehlenden Aufenthaltstiteln zurück. Viele Opfer hätten dazu auch Angst vor Vergeltungsschlägen im Heimatland, würden sie vor österreichischen Gerichten aussagen. Menschenhändler nützten genau diese "Zwangslage" aus, so die Kriminologin.
Für problematisch hält Beclin, dass in Österreich die Möglichkeit fehle, einen Aufenthaltstitel zu gewähren, wenn dies "angesichts der persönlichen Situation des Opfers notwendig erscheint". Sowohl der Zugang zu kurzfristigem Schutz im Zuge einer Erholungs- und Bedenkzeit, als auch der zu längerfristigem Schutz durch ein spezielles Aufenthaltsrecht stehe, anders als in der Europaratskonvention zur Bekämpfung von Menschenhandel vorgesehen, nur jenen Betroffenen im vollen Umfang offen, die bereit und in der Lage seien, in einem Strafverfahren auszusagen.
Beclin fordert deshalb für alle Betroffenen vorläufigen Schutz, der ihnen Zeit lasse, ihre Erfahrungen in späterer Folge mitzuteilen. Das sei nämlich der Grund, weshalb Opfer von Menschenhandel in Österreich nicht frei entscheiden könnten, ob sie mit den Behörden kooperieren wollen, so die Kriminologin.
Aus Menschenrechtsperspektive sei dem Opferschutz unbedingt Vorrang einzuräumen. Deshalb sollten die beiden genannten Schutzlücken schnellstmöglich geschlossen werden, betonte die Kriminologin. "Wenn man Opfern von Menschenhandel den ihnen zustehenden unbedingten Schutz gewährt, wird man damit langfristig mehr Betroffene ermächtigen und ermutigen können, mit den Behörden zu kooperieren und gegen die Täter auszusagen."
Quelle: kathpress