Neue Plattform "Christen und Muslime in Österreich"
Kathpress-Meldung
Wien, 22.3.06 (KAP) Das Zusammenleben von Christen und Muslimen in Österreich soll auf der Basis von Vertrauen, Respekt und besserem gegenseitigem Verständnis "krisenfest entwickelt" werden. Das ist nach den Worten von Initiator Paul Schulmeister von der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) das Ziel der neu gebildeten Plattform "Christen und Muslime in Österreich", die am Mittwoch in Wien der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die Heftigkeit der Auseinandersetzungen rund um den "Karikaturenstreit" zeige, dass man für die Zukunft mit weiteren gefährlichen Konflikten rechnen muss, so Schulmeister. Die bereits von vielen christlichen und muslimischen Prominenten unterzeichnete Erklärung der Personenplattform solle ein Zeichen der österreichischen Zivilgesellschaft sein: Absage an Gewalt und Respekt vor dem religiösen Bekenntnis Anderer stehen dabei im Mittelpunkt. In der Folge wollen sich die Proponenten auch bei akuten Konfliktfällen "mäßigend und Brücken schlagend" zu Wort melden, kündigte der Publizist an.
Bei der Pressekonferenz erläuterten neben Schulmeister neun weitere Persönlichkeiten ihre Beweggründe, die Anliegen der Plattform "Christen und Muslime in Österreich" zu unterstützen: Anas Schakfeh, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), die katholischen Publizisten Heinz Nussbaumer und Barbara Coudenhove-Kalergi, die Islambeauftragte der Diözese Feldkirch, Elisabeth Dörler, Diakonie-Direktor Michael Chalupka und der Wiener Pfarrer Erwin Neumann als Vertreter der evangelischen Kirche, Carla Amina Baghajati und Andrea Saleh von der Islamischen Glaubensgemeinschaft sowie der Musiker Hubert von Goisern.
"Toleranz und Respekt sind nicht genug"
Sie alle gehören zu den Erstunterzeichnern einer Erklärung, in der die Überzeugung zum Ausdruck kommt, "dass Begegnung bereichert, Stereotypen und Feindbilder aber den Frieden zerstören". Wörtlich heißt es in der Erklärung weiter: "Toleranz und Respekt im Umgang miteinander sind wichtig und unersetzlich, aber nicht genug: Christen und Muslime sind aufgerufen, einander besser zu verstehen, mehr voneinander zu wissen und zu lernen, mehr aufeinander zu achten und mehr miteinander zu leben". Alle, die diese Anliegen teilen, "auch wenn sie keiner Glaubensgemeinschaft angehören", werden eingeladen, sich der Initiative anzuschließen, heißt es abschließend. Der Gesamttext kann auf der Website "www.christenundmuslime.at" eingesehen und unterzeichnet werden. U.a. haben dies bereits der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl, der Herzogenburger Propst Maximilian Fürnsinn, Caritas-Präsident Franz Küberl, der griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos, die Schriftstellerin Barbara Frischmuth, EU-Sonderbeauftragter Erhard Busek, der Unternehmer Hannes Androsch und Fußball-Nationalspieler Muhammet Akagündüz getan.
IGGÖ-Präsident Schakfeh nannte es ein erfreuliches Zeichen, dass sich die Mehrheitsreligion in Österreich um ein gutes Zusammenleben mit der Minderheit bemüht. Österreich sei durch den hier bestehenden guten Kontakt zwischen den Religionen - auch zum Judentum - ein auch im Ausland herzeigbares Modell für interreligiöse Verständigung. "Brandstifter" werde es dennoch immer wieder geben, ihnen soll die Plattform mit guten Argumenten begegnen.
Barbara Coudenhove-Kalergi bedauerte in ihrem Statement, dass die Muslime als Teil der österreichischen Bevölkerung mit ihrer Kultur und Religion noch zu wenig sichtbar seien: "Wo sind die muslimischen Zuwanderer und ihre Kinder bei der Polizei, im Fernsehen, im Parlament?" Es gelte zu signalisieren: "Wer die Gesetze einhält und hier auf Dauer lebt, gehört zu uns", betonte Coudenhove-Kalergi.
Auch Heinz Nussbaumer beklagte noch bestehende Defizite: Bei Vorträgen und in Rundfunk-Sendungen werde er immer wieder mit dumpfen Vorurteilen gegenüber dem Islam konfrontiert, auch unter Journalisten fehle es oft an selbstkritischer Nachdenklichkeit im Umgang mit sprachlichen Stereotypen.
Dialog fördert sozialen Frieden in Österreich
Diakonie-Direktor Chalupka forderte die Rechte muslimischer Zuwanderer auf Familienleben, auf Bildung und berufliche Aufstiegsmöglichkeit sowie auf eine "kultursensible Pflege" in Krankenhäusern ein. Pfarrer Neumann berichtete von Bemühungen, interreligiöse Begegnungen auf lokaler Ebene zu konkretisieren und das Projekt eines "Rats der Religionen" voranzutreiben.
Auch die Feldkircher Islambeauftragte Elisabeth Dörler nannte es wichtig für den sozialen Frieden in Österreich, Ängste vor der je anderen Religion abzubauen und Falschinformationen zu berichtigen. Die verschiedenen Vorarlberger Vereine, die sich in diesem Bereich engagieren, fänden die Initiative der Plattform "Christen und Muslime in Österreich" großartig.
IGGÖ-Sprecherin Amina Baghajati würdigte die mit der Plattform gegebenen Hauptkomponenten eines erfolgreichen interreligiösen Dialogs, nämlich anspruchsvolle intellektuelle Auseinandersetzung und persönliche Begegnung. Die islamische Frauenbeauftragte Saleh berichtete vom gelungenen Abbau von Hemmschwellen in gemischtreligiösen Frauengruppen und von der vorbildlichen Zusammenarbeit christlicher und muslimischer Seelsorger im Wiener AKH.
Hubert von Goisern - selbst aus der Kirche ausgetreten - erzählte von einem Konzert in einer sonst gemiedenen ägyptischen "Fundamentalisten-Hochburg", das zu einem großen Fest geriet. Er selbst kenne als Vielgereister die Angst vor Fremdem gut, habe deren Überwindung jedoch stets als positiv erlebt.
"Wir sind keine naiven Gutmenschen"
Nach den Worten Paul Schulmeisters wolle die Plattform in Hinkunft nicht nur eine Art "Wachhund" bei Verstößen gegen die religiöse Toleranz sein und sich zu akuten Anlässen zu Wort melden, sondern zu einer Atmosphäre eines friedvollen Miteinanders beitragen. Dabei wisse man - "wir sind keine naiven Gutmenschen" - sehr wohl um bestehende Probleme, das gute Zusammenleben der Gläubigen verschiedener Religionen sei "kein einfaches Feld". Aber es sei "besser, eine Kerze anzuzünden als die Dunkelheit zu verfluchen", so Schulmeister abschließend. (Informationen: Internet: www.christenundmuslime.at). (ende)
Link: www.christenundmuslime.at