Vier Jahre "Ökumenisches Sozialwort"
Wien, 15.11.07 (KAP) Auch vier Jahre nach seiner Unterzeichnung durch die 14 beteiligten christlichen Kirchen ist das "Ökumenische Sozialwort" nach wie vor "aktuell und zukunftweisend". Das betonte der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), der evangelische Bischof Herwig Sturm, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. "Wir haben den Text bei der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung in Sibiu aufgelegt. Er war sofort vergriffen", berichtete der evangelische Bischof: "Der Text wollte ein Kompass für soziales Denken und Handeln sein. Er ist es geblieben". Es komme jedes Jahr zu einer Evaluierung, die auch dokumentiert werde (im Internet unter www.sozialwirt.at). Die - von Prof. Heinz Nußbaumer moderierte - Veranstaltung zum 4. Jahrestag der Unterzeichnung behandelt am Donnerstagabend in der Wiener Nationalbibliothek das "Sozialwort im interreligiösen Kontext".
Bei der Pressekonferenz mit Bischof Sturm meinte die Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Carla Amina Baghajati, der Dialog gelinge am ehesten, wenn es um praktische Fragen gehe. Im Islam sei der Glaube direkt mit dem Handeln verbunden. Am deutlichsten sei das bei der Almosenverpflichtung (Zakat) erkennbar. Wer weniger als 2,5 Prozent seines Vermögens abgebe, der "begeht Diebstahl", so Baghajati. Denn der "Zakat" sei so etwas wie die "Gundsicherung" für die sozial Schwachen.
Eine konkrete Realisierung des islamischen Verständnisses von sozialer Gerechtigkeit sei die neue "Islamische Fachschule für soziale Bildung" im Gebäude der "Islamischen Religionspädagogischen Akademie" in Wien-Neubau. Wichtig sei, dass es hier ein Angebot für junge Mädchen gebe, die "keinen glänzenden Schulabschluss" aufweisen und die sich damit in der Gefahr einer zu frühen Eheschließung befinden. "Was wir ihnen bieten, hat durchwegs mit 'Empowerment' für Mädchen zu tun", so Baghajati. Unter anderem könne ein Abschluss der Ausbildung zur Ordinationshilfe erworben werden.
Im Blick auf die durch den Fall Arigona Zogaj virulent gewordene Debatte um das österreichische Fremdenrecht und die Abschiebung voll integrierter "Ausländer" stellte Bischof Sturm fest: "An der Basis merken die Menschen sehr wohl, was da für ein Unrecht geschieht. Das kann doch so nicht sein".
ÖRKÖ-Pressesprecher Helmut Nausner berichtete über das "Forum abrahamitischer Religionen". Vertreter des ÖRKÖ, der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) und der Islamischen Glaubensgemeinschaft haben 2006 das Forum gegründet. Es erweise sich als "gute Möglichkeit, Vertrauen zu schaffen und einander besser kennen zu lernen", so Nausner. Die Initiative zu der interreligiösen Sozialwort-Veranstaltung in der Nationalbibliothek sei vom "Forum" ausgegangen.
