Vatikan: Äußerung von Williamson unzureichend
Der Traditionalisten-Bischof hatte im schwedischen TV die Existenz von Gaskammern geleugnet. In einer Erklärung vom Donnerstag nahm er Äußerungen zum Holocaust nicht explizit zurück
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P. Lombardi |
Vatikanstadt (KAP) Der Vatikan hält nach Worten seines Sprecher P. Federico Lombardi SJ die jüngste Erklärung des britischen Traditionalisten-Bischofs und Holocaust Leugners Richard Williamson für unzureichend. Sie entspreche offensichtlich nicht den Bedingungen des Vatikan, der von ihm eine öffentliche und absolut unmissverständliche Distanzierung von den Aussagen zur Shoah verlangt hatte, betonte P. Lombardi am Freitag gegenüber Journalisten. Im Übrigen habe es sich nicht um einen Brief gehandelt, der an den Papst oder an die Kommission "Ecclesia Dei" adressiert worden sei.
Der Vatikan hatte in einer Note seines Staatssekretariats vom 4. Februar die Äußerungen von Williamson zum Holocaust als absolut inakzeptabel bezeichnet und verlangt: "Um eine Zulassung zu bischöflichen Funktionen in der Kirche zu erhalten, muss Bischof Williamson sich auch absolut unmissverständlich und öffentlich von seinen Aussagen zur Shoah distanzieren. Sie waren dem Heiligen Vater im Augenblick der Rücknahme der Exkommunikation nicht bekannt".
Williamson hatte in einem schwedischen TV-Interview die Existenz von Gaskammern verneint und die Höhe der ermordeten Juden auf 200.000 bis 300.000 beziffert. Am Donnerstagabend wurde eine Erklärung öffentlich, in der Williamson seine Aussagen relativierte. Er habe nur die Meinung eines Nicht-Historikers geäußert, die sich auf die verfügbaren Erkenntnisse von vor 20 Jahren gestützt habe. Er bitte alle, die sich aufgrund seiner Worte "aufrichtig entrüstet haben, vor Gott um Vergebung". Explizit zurück nahm er seine Äußerungen zum Holocaust nicht.
"Verantwortung für große Schwierigkeiten"
Williamson hatte in dem Schreiben an die für die Lefebvrianer zuständigte Vatikankommission "Ecclesia Dei" "um Vergebung gebeten", dass er mit seinen im November 2008 bei einem Interview in Schloss Zaitzkofen bei Regensburg gemachten "Bemerkungen" bei Menschen "Schmerz verursacht" habe. In dem Zaitzkofener TV-Interview, das im schwedischen Fernsehen ausgestrahlt wurde und einen internationalen Skandal verursachte, hatte Williamson die Existenz von Gaskammern bestritten. Und auch in seiner jetzigen "Entschuldigung", die u.a. an den römischen Pressedienst "Zenit" ergangen war und von dessen Redaktion als bedeutsam erachtet wurde, weicht Williamson weiterhin der Antwort nach seiner persönlichen Überzeugung über die historische Realität des Holocaust aus.
Vatikansprecher P. Federico Lombardi wollte sich nur "off records" äußern. "Ich glaube nicht, dass man jeder Bewegung des Herrn Williamson hinterherlaufen muss", wird Lombardi am Freitag in der Internetausgabe der "Berliner Morgenpost" zitiert.
In Williamsons Erklärung heißt es, in Anbetracht der Folgen könne er nur wahrheitsgemäß sagen, "dass es mir Leid tut, diese Bemerkungen gemacht zu haben". Er hätte sie nicht gemacht, "wenn ich im Vorhinein um den ganzen Schaden und den Schmerz gewusst hätte, die diese verursachen würden, besonders der Kirche, aber ebenso den Überlebenden und den Verwandten der Opfer der Ungerechtigkeit unter dem Dritten Reich". Die Ereignisse der vergangenen Wochen und der Rat seines Vorgesetzen Bernard Fellay hätten ihn von seiner "Verantwortung für die entstandenen großen Schwierigkeiten" überzeugt.
Als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnete die FSSPX die neuen Äußerungen Williamsons. Die weitere Entwicklung werde zeigen, ob die Aussage ausreiche, sagte der Sprecher der Pius-Bruderschaft, Matthias Gaudrom, am Freitag auf Anfrage in Stuttgart.
Juristische Schritte nach Williamsons Rückkehr?
Williamson muss nach seiner Rückkehr nach Europa mit juristischer Verfolgung rechnen. Der europäische Rahmenbeschluss gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit könnte eine Handhabe gegen den 68-jährigen britischen Geistlichen bieten, dessen Exkommunikation von Papst Benedikt XVI. aufgehoben worden ist, meinte der EU-Ratsvorsitzende und tschechische Justizminister Jiri Pospisil vor Beratungen mit seinen Amtskollegen am Freitag in Brüssel. "Persönlich halte ich das für möglich, aber darüber muss diskutiert werden", sagte Pospisil.
Entscheidend sei, wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den nationalen Gesetzen unter Strafe gestellt seien, sagte Pospisil. Der Fall Williamson stehe bisher nicht auf der Tagesordnung des Ministerrates: "Wir könnten darüber in der Zukunft nachdenken".
Die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries befürwortet Schritte gegen Williamson: "Auf jeden Fall muss ihm beigekommen werden in der EU", sagte Zypries.
Zentralrat der Juden: "Bedauern dritter Klasse"
Der Zentralrat der Juden in Deutschland nannte Williamsons Aschermittwochs-Schreiben "ein Bedauern dritter Klasse". Williamson ziehe "seine verlogenen Thesen zum Holocaust und dessen Leugnung" keineswegs zurück, sondern "bedauert doch nur, dass seine Worte schädlich gewirkt haben", sagte der Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann, gegenüber dem Düsseldorfer "Handelsblatt".
Für Graumann ist das Thema damit "keineswegs vom Tisch, sondern aktueller als je zuvor". Er äußerte in diesem Zusammenhang abermals scharfe Kritik an Papst Benedikt XVI., der die Exkommunikation von Williamson trotz der Holocaust-Leugnung wie auch die von drei weiteren Bischöfen der Piusbruderschaft zurückgenommen hat. "Diese fatale Fehlentscheidung des Vatikan hat bedauerlicherweise weiter Bestand", sagte Graumann.
Die Präsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, warnte ihrerseits vor schwerwiegenden antisemitischen Tendenzen in den christlichen Kirchen. "Die jüngsten Ereignisse verdeutlichen, wie tief verwurzelt der antisemitische Bodensatz insbesondere in fundamentalistischen Strömungen der katholischen Kirche ist", sagte Knobloch gegenüber der Zeitung "Die Welt". Es sei die moralische Pflicht der Kirchen, den innerkirchlichen Antisemitismus offensiv zu bekämpfen, betonte Knobloch.
Noch im vergangenen Herbst war Williamson bei einer Gartenparty des umstrittenen britischen "Historikers" und Holocaust-Leugners David Irving zu Gast. Dessen Online-Auftritt zierte daraufhin wochenlang ein Foto des Lefebvrianerbischofs mit Sektglas in der Hand.
Schon vor zwanzig Jahren hatte Williamson für Empörung gesorgt, als er in einer Predigt in Kanada den Gas-Tod von Juden im Vernichtungslager Auschwitz leugnete: "Die Juden erfanden den Holocaust, damit wir demütig auf Knien ihren Staat Israel hinnehmen". Ein Besucher des Gottesdienstes erstattete Strafanzeige. "Ich habe in meinem ganzen Leben immer die Wahrheit gesucht", verteidigte sich der 68-Jährige nach seinem jüngsten Skandal-Interview in einem Gespräch mit dem deutschen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".