Kirchenhistoriker Klieber: Film "Die Päpstin" pure Fiktion
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| Prof. Rupert Klieber |
Wien, 16.10.09 (KAP) Das in Kürze in Österreichs Kinos anlaufende Filmdrama "Die Päpstin" ist pure Fiktion: Wie der Wiener Ordinarius für Kirchengeschichte, Prof. Rupert Klieber, in einem Gespräch mit "Kathpress" erklärte, ist die Historizität der in dem Streifen geschilderten "Päpstin Johanna" aus dem 9. Jahrhundert in Fachkreisen nicht - wie die Werbelinie für den Film insinuiert - "umstritten", sondern auch von "romkritischen" Historikern längst eindeutig widerlegt. Den am 23. Oktober in Österreichs Kinos startenden Film des deutschen Regisseurs Sönke Wortmann reiht Klieber einem Trend im jüngeren Unterhaltungskino zu: Geschichten rund um Verschwörungstheorien zu lancieren, in denen der Kirche "alles zugetraut" wird und in der "dunkle Mächte am Werk" sind.
Der Kirchenhistoriker wies auf die in der historischen Überlieferung immer wieder anzutreffenden "Wanderlegenden" über Frauen hin, die in Positionen gelangen, die ihnen aufgrund ihres Geschlechts eigentlich verwehrt sind. Neben der "Päpstin Johanna" gebe es z.B. einen vergleichbaren Bericht über einen - unerkannt - weiblichen Patriarchen von Konstantinopel; und auch der populäre Hollywood-Film "Yentl" folge in jüdischem Kontext diesen Schema.
Die Legende um die "Päpstin Johanna" ist laut Klieber seit dem 13. Jahrhundert überliefert. Der Dominikaner-Mönch und Chronist Martin von Troppau habe bereits bestehende legendäre Berichte aufgegriffen, sie vom 11. in das 9. Jahrhundert verlegt und die Schwangerschaft und Niederkunft der Päpstin während einer Prozession ausgeschmückt. Erste ernsthafte Zweifel an der Historizität der Legende finden sich bereits bei protestantischen Kirchengeschichtlern wie David Blondel (1590-1655); das sei - wie Klieber betont - bemerkenswert, da die Vertreter der Reformation durchaus ein Erkenntnisinteresse an einer Unterbrechung der apostolischen Sukzession auf dem Stuhl Petri gehabt hätten. Auch der bekannteste Kirchenhistoriker des 19. Jahrhunderts, Ingnaz von Döllinger, der als Mitbegründer der altkatholischen Kirche als durchaus "romkritisch" einzustufen sei, hat laut Klieber die Quellenlage über die "Päpstin Johanna" gründlich geprüft und für unhistorisch befunden.
Wahr ist nach den Worten des Wiener Kirchenhistorikers, dass es im Mittelalter ein Ritual gab, demzufolge sich neuernannte Päpste nacheinander auf drei Stühle setzen mussten - der erste davon mit einem Loch in der Mitte versehen. Dies habe jedoch nicht, wie von manchen behauptet, dazu gedient, das Geschlecht des Papstes nach dem "Päpstin-Johanna-Skandal" zweifelsfrei feststellen zu können. Beabsichtigt sei vielmehr die Symbolik des gottbegnadeten Aufstiegs von einem niederen "Kotstuhl" zum Porphyrthron des Stellvertreters Christi auf Erden gewesen.
Kliebers Fazit: "Man hätte halt gerne, dass die Legende von der 'Päpstin Johanna' historisch wahr ist, aber das ist leider nicht der Fall."
Unterhaltung mit Staraufgebot
Als Regisseur eines Unterhaltungsfilmes geht es Sönke Wortmann ("Der bewegte Mann" 1994, "Das Wunder von Bern" 2003, "Deutschland. Ein Sommermärchen" 2006) weniger um Historizität als um eine spannende Story. "Sie erschütterte das Fundament der Kirche - und wurde Päpstin.
Nur zwei Jahre später war sie aus allen Geschichtsbüchern getilgt", heißt es verschwörerisch im Trailer zu seinem mit großem Staraufgebot gedrehten jüngsten Streifen. Johanna Wokalek ("Der Baader Meinhof Komplex") spielt die Titelrolle, John Goodman stellt Papst Sergius dar, David Wenham den Ritter Gerold, der die Päpstin schwängert. Gedreht wurde der 148 Minuten lange Film nach der Romanvorlage "Pope Joan" der amerikanischen Schriftstellerin Donna Woolfolk Cross aus dem Jahr 1996, Drehorte waren Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Marokko.
Der Inhalt: In Ingelheim am Rhein wird Johanna als Tochter eines fanatischen Dorfpriesters geboren und streng religiös erzogen. Gegen den Willen des Vaters lernt sie heimlich Lesen und Schreiben. Als einziges Mädchen darf Johanna die Schule besuchen, sie kommt in die Obhut des Ritters Gerold. Nach einem blutigen Überfall der Normannen trifft sie eine folgenreiche Entscheidung: Johanna tritt inkognito in das berühmte Kloster von Fulda ein, wird als Mann zum Priester geweiht und erlernt die Kunst des Heilens. Ihre Fähigkeiten sprechen sich bis nach Rom herum, Johanna wird Leibarzt von Papst Sergius. Als der Papst vergiftet wird, macht sich der Drahtzieher des Komplotts, Bischof Anastasius, Hoffnungen auf den Papststuhl. Doch gewählt wird überraschend Johanna.
Schon der historische Roman von Donna Woolfolk Cross schilderte eine "feministische" Version der uralten Legende. Der Großteil ihres Buches besteht aus einer frei erfundenen Geschichte über eine modern anmutende junge Frau, deren Bildungsdrang in einer patriarchalen Gesellschaft sie dazu zwingt, sich ihr Leben lang zu verstellen. Dies entsprach offenbar dem Zeitgeschmack: Allein in Deutschland stand "Die Päpstin" monatelang auf den Bestsellerlisten und wurde mehr als vier Millionen Mal verkauft.