2009 war für den Papst ein Jahr mit Höhen und Tiefen
Es gab Kommunikationspannen - zum Beispiel über die Lefebvrianer. Und es gab Highlights wie den Besuch im Heiligen Land oder die Afrika-Synode. Aufmerksamkeit erzielten das Treffen mit US-Präsident Obama und die neue Sozialenzyklika
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Vatikanstadt, 02.12.09 (KAP) Ein schwieriges Jahr für den Vatikan geht zu Ende. Insbesondere in der ersten Jahreshälfte waren der Papst und seine Mitarbeiter allenthalben mit Schadensbegrenzung beschäftigt.
Vor allem die Versöhnungsinitiative in Richtung Lefebvrianer sorgte über die Kirche hinaus für Aufregung. Dennoch dominierten aus innerkirchlicher Sicht 2009 insgesamt die Highlights: Die Friedensreise des Papstes ins Heilige Land, die Afrika-Synode im Vatikan, die erste Sozialenzyklika des Pontifikats und das internationale "Jahr des Priesters".
Zu Jahresbeginn lief manches schief. Die Rücknahme der Exkommunikation von vier lefebvrianischen Bischöfen, als Geste der Versöhnung und des Entgegenkommens gedacht, geriet in den Medien und bis in den politischen Raum hinein zum Eklat. Überhöhte Erwartungen von einem Ende des Schismas mischten sich mit Entsetzen über die Holocaustleugnung des lefebvrianischen Bischofs Richard Williamson. Bis heute ist nicht ganz geklärt, ob die zuständige Vatikan-Kommission "Ecclesia Dei" nur ahnungslos war - oder ob sie es unterlassen hatte, brisante Informationen rechtzeitig weiterzuleiten.
Klarstellungen
Es brauchte etliche Klarstellungen, um Missdeutungen der Rücknahme der Exkommunikation bei frommen Katholiken, bei jüdischen Dialogspartnern oder politischen Beobachtern abzubauen. Selbst die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel meldete sich zu Wort - und sorgte damit in
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Papst Benedikt an der Klagemauer in Jerusalem |
ihrer eigenen Partei für Irritationen.
Schließlich zog der Papst mit einem persönlichen Brief an alle Bischöfe einen Schlussstrich. Er gestand Fehler ein, besetzte "Ecclesia Dei" komplett neu und unterstellte die Kommissionder Glaubenskongregation. Mittlerweile hat die Kommission den Fachdialog mit den "Pius-Brüdern" über die eigentlichen Streitpunkte aufgenommen: über das Zweite Vatikanische Konzil und dessen Position zu Religionsfreiheit, Ökumene, Judentum und interreligiösem Dialog. Damit sank das aufgeregte Interesse von Öffentlichkeit und Medien schlagartig.
Jedoch hatte der Eklat um die "Pius-Brüder" auch Auswirkungen auf andere Vatikan-Initiativen. Die Afrikareise des Papstes im März wurde von einer Polemik um den Gebrauch von Kondomen im Kampf gegen AIDS überschattet. Erst nach Tagen fanden auch die Appelle des Papstes aus Kamerun und Angola für Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität und seine Botschaft gegen Armut, Gewalt und Korruption Eingang in die Medien.
Als weitere Panne zum Jahresbeginn erwies sich die Berufung eines neuen Weihbischofs - Gerhard M. Wagner - für Linz. Nach Kritik bis in hohe Kirchenkreise hinein wurde Wagner gestattet, "die Ernennung nicht anzunehmen".
Appell für gerechten Nahost-Frieden fand Aufmerksamkeit
Nach diesen Kommunikationspannen stand auch die mit Spannung erwartete Nahost-Reise des Papstes zunächst unter negativen Vorzeichen. Die geplante, vom Papst jedoch ausgesetzte Seligsprechung von Pius XII. (1938-58) und eine neue Debatte um dessen angebliches "Schweigen" zum Holocaust drohten die Friedensmission zu gefährden. Dann wurde die Reise nach Jordanien, Israel und ins palästinensische Bethlehem aber zu einem vollen Erfolg. Die Begegnung mit muslimischen Würdenträgern in Amman gab dem jüngst eröffneten Dialog mit dem moderaten Islam neuen Auftrieb. Der Appell für einen gerechten und dauerhaften Nahost-Frieden und für eine Zwei-Staaten-Lösung fand internationale Aufmerksamkeit.
In Israel wurde zwar zunächst Kritik an der Papstrede in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem laut. Aber sie wurde durch anderslautende Stimmen, und vor allem durch freundliche Gesten beim Besuch der Klagemauer, beim Disput im Großrabbinat und bei einem interreligiösen Friedenstreffen kompensiert.
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Treffen mit US-Präsident Obama |
Der Nahe Osten war auch zentrales Thema der ersten Begegnung von Benedikt XVI. mit dem neuen US-Präsidenten Barack Obama. Angesichts seiner Positionen zu Abtreibung und Stammzellenforschung sah mancher Kurienprälat dem Gipfeltreffen mit Skepsis entgegen. Aber im Vieraugengespräch wurden trotz mancher Differenzen viele gemeinsame Anliegen deutlich. Am Ende wirkten der 82-jährige Papst und der 47-jährige Präsident fast wie Freunde.
Sozialenzyklika vor G-8-Gipfel
Rechtzeitig zum Obama-Besuch und zum gleichzeitigen G-8-Gipfel legte der Papst Anfang Juli seine erste Sozialenzyklika vor. In "Caritas in veritate" entfaltete er Ideen zu einer neuen Weltordnung und plädierte für eine ganzheitliche Entwicklung des Menschen. Überraschend konkret äußerte sich der Theologen-Papst zu Verzerrungen und Missständen in den Wirtschafts- und Finanzsystemen: Zum Skandal des Hungers, zur Neuen Armut, zum wachsenden Graben zwischen Arm und Reich, zum Recht auf Arbeit, zur Schwächung der sozialen Netze und zu den vielen Facetten des Umweltschutzes. Seine zentrale Botschaft: Die Wirtschaft braucht für ihr korrektes Funktionieren die Ethik.
In diesem Sinne äußerte sich Benedikt XVI. auch in Prag, wo er mehrere viel beachtete Ansprachen hielt, von denen insbesondere jene zumm Thema Europa stark auf die Frage der "Wurzeln", der Werte und der Berufung des Kontinents einging. Vor 200.000 Gläubigen hielt Benedikt XVI. in Brünn einen Gottesdienst mit vielen Bezügen zur gemeinsamen Geschichte der Länder der Donau- und Moldau-Region.
Afrika-Synode
Kirchenpolitisch wichtig war im Oktober dann die Afrika-Bischofssynode, auch wenn sie in den westlichen Medien weniger Resonanz fand. Im Vergleich zum ersten Afrikatreffen vor 15 Jahren präsentierte sich eine selbstbewusste kontinentale Kirche, die offen über ihre Hoffnung und ihren Elan, aber auch über die Nöte, Kontraste und Konflikte auf dem Kontinent sprach. Dafür brauche Afrika dringender denn je Versöhnung, Gerechtigkeit, Frieden - und internationale Solidarität, rief der Papst in seinem Abschlussappell.
2010 will der Vatikan eine andere Weltregion in den Vordergrund rücken, den Nahen Osten. Für Oktober hat Benedikt XVI. dazu eine Sondersynode einberufen. Zuvor wird er bei einer Reise in die Region - nach Zypern - das Programm des Bischofstreffens erläutern.
Weitere Auslandsreisen sollen nach Malta und Portugal, und vielleicht auch nach Großbritannien, führen. Dort dürfte er auf das Thema stoßen, mit dem der Vatikan in den letzten Wochen für Überraschungen sorgte: Mit einer neuen Kirchenstruktur für übertrittswillige Anglikaner. Der Papst wird sicher deutlich machen, dass diese Maßnahme nicht der Verpflichtung der katholischen Kirche zur Ökumene widerspricht.
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