Expertin aus El Salvador: Armut besiegen durch Gleichberechtigung
Auf die Stärkung der Frauen in Familie und Gesellschaft zielt ein Projekt ab, das die Katholische Frauenbewegung (kfbö) mit der "Aktion Familienfasttag" in El Salvador unterstützt. Die "Frauenvereinigung für lokale Entwicklung" (Asociacion colectiva de mujeres para el desarrollo local, CMDL) will Frauen in den besonders von Armut betroffenen Dörfern des mittelamerikanischen Staates dabei helfen, nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben und davon zu leben. "Frauen sollen selbst dazu fähig werden, die nötige Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und jene ihrer Familie zu erwirken. Dies gelingt nur durch gemeinschaftliches Auftreten", erklärte die CMDL-Projektkoordinatorin Alina Menjivar am Donnerstag im Interview mit "Kathpress" in Wien.
Junge Frauen spielen in der Landwirtschaft El Salvadors die tragende Rolle, zumal die Männer oft durch zerrüttete Familienverhältnisse oder Migration abwesend sind. Viele sichern die Ernährung ihrer Familie als Kleinbäuerinnen. Mehrere Faktoren erschweren diese Aufgabe: "Tätigkeiten in der Landwirtschaft sind in El Salvador kaum angesehen, zudem treffen Frauen im verbreiteten traditionellen Rollenbild keine ökonomische Entscheidungen und besitzen das bebaute Land auch nicht selbst", berichtete Menjivar. Fehlendes Eigentum bedeutet auch, keine Chance auf einen Bankkredit zu haben.
Dazu kommt der Klimawandel mit seinen bedrohlichen Folgen für Mittelamerika wie etwa Stürme, Extremwetter, Wasserknappheit oder auch der Temperaturanstieg. "Die Aussaat ist bei uns im Mai zu Beginn der Regenzeit, die heuer aber nur einige Wochen dauerte. Den ganzen Juli und August war es trocken - womit für viele Familien die gesamte Ernte verloren ging", so die Frauenaktivistin.
Bio-Ansatz mit Einbezug aller
Nachhaltig Abhilfe schaffen soll hier ein landwirtschaftliches Frauenprojekt im Bezirk Suchitoto, das seit drei Jahren mit der Katholischen Frauenbewegung Österreich kooperiert. In Kursen werden Frauen angeleitet zum Anbau von Gemüse - "denn werden neben den meist selbst produzierten Hauptnahrungsmitteln Mais und Bohnen auch andere Sorten angebaut, müssen diese nicht sonst am Markt gekauft werden", schilderte Menjivar. Workshops und Gemeinschaftsgärten vermitteln Ernährungswissen und Techniken, um Wasser zu gewinnen und effizient zu nutzen, zudem werden Saatgut-Banken eingerichtet. Bei all dem folgt man den Maßgaben des Bio-Landbaus, verzichtet aus Rücksicht auf Gesundheit und Umwelt also etwa auf chemische Dünger oder Pflanzenschutzmittel.
Die Tätigkeiten der Frauen-NGO reichen über die Praxisvermittlung weit hinaus. Versucht wird einerseits, alle Familienmitglieder in den Anbau einzubeziehen - "sonst lastet meistens alles einzig auf den Schultern der Mütter", wie die Projektkoordinatorin verdeutlichte. Um Frauen auch unternehmerischen Spielraum zu geben, wurden andererseits Sparvereine und Kooperativen gegründet, die für den Kauf beispielsweise einer Kuh, von landwirtschaftlichem Gerät oder für die Errichtung eines kleinen Geschäfts Mikrokredite in der Höhe von 50 bis maximal 3.000 US-Dollar vergeben. Dies alles auf kommunaler Ebene und verwaltet von Frauen, die über die Ansuchen entscheiden, Begleitung geben und an die Rückzahlungen erinnern.
Bewusstsein wandeln
Das Konzept geht auf und macht Schule: 80 Produzentinnen arbeiten bereits in der "Colectiva" zusammen, an die 1.500 Menschen - vier Fünftel davon Frauen - profitieren von dem Projekt, das in Summe 25.000 Menschen erreicht. "Die Colectiva trägt zu einem Bewusstseinswandel bei", berichtete Menjivar. Veränderte Verhältnisse im Landbau seien ein wichtiger Schritt zur Aufwertung der Frauen in der von patriarchalen Strukturen geprägten Gesellschaft - neben Gewaltschutz, Partizipation und Einsatz für Menschen- und Frauenrechte wie etwa auch das Recht auf Wasser, wofür die NGO in El Salvador ebenfalls mit Kursen, Beratung, Präventions- und bewusstseinsbildenden Programmen aktiv ist.
Nur Frauen wüssten um ihre eigene Situation ausreichend Bescheid, weshalb bei ihnen der Schlüssel für die Veränderung liege, betonte Menjivar.
Sind Frauen nicht sichtbar präsent, können ihre Meinung nicht äußern und Entscheidungen nicht selbst treffen, weshalb dann viele Probleme ungelöst bleiben.
Wichtig sei die Steigerung des Bewusstseins, "dass wir alle Rechte haben - und diese nicht nur passiv wahrnehmen, sondern auch aktiv gestalten und einfordern müssen". Alle Maßnahmen hätten nur durch das gemeinschaftliche Auftreten Erfolg. "Denn es macht immer einen Unterschied, ob jetzt fünf oder 50 Frauen hinter einem Anliegen stehen", so die Frauenrechtlerin.
Die "Aktion Familienfasttag" wurde von der Katholischen Frauenbewegung Österreich im Jahr 1958 ins Leben gerufen und fördert heute rund 100 Frauen-Projekte in Asien, Lateinamerika und Afrika. Zentrales Anliegen der Initiative ist es, Frauen in ihren Rechten auf Bildung, Gesundheit, ein Leben ohne Gewalt, faire Arbeitsbedingungen und politische sowie ökonomische Teilhabe zu stärken. Zentrales Element der Aktion sind alljährlich die Benefiz-Fastensuppenessen in der Fastenzeit, zudem gibt es das ganze Jahr über Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. (Infos: www.teilen.at)
Quelle: kathpress