Bildungsexperten: Religiöse Vielfalt an Schulen als Chance nutzen
Ist religiöse Vielfalt an Schulen eher ein Störfaktor oder eine Chance, die es zu nutzen gilt? Dieser Frage gingen Fachleute aus dem religionspädagogischen Bereich bei einer Tagung am Wochenende in Graz nach. Unter dem Titel "Religiöse Vielfalt in Schule und Gesellschaft - Störfaktor oder Chance?" kamen sie dabei zu einem überraschenden Konsens, wie die ausrichtenden Kirchlichen Pädagogischen Hochschulen Graz, Linz und Wien/Krems sowie der PH Burgenland in einer Presseaussendung am Dienstag mitteilten: "Ja, religiöse Vielfalt kann durchaus ein Störfaktor sein - aber gerade deshalb ist sie eine große Chance", um ein friedliches Zusammenleben zu fördern.
Der in Münster lehrende islamische Religionspädagoge Mouhanad Khorchide übte Kritik an einem verengten Islamverständnis, welches aus einem unbedingten Gehorsam gegenüber Gott einen absoluten Gehorsam gegenüber menschlichen, religiösen und politischen Institutionen ableite. Dieses habe an Schulen und Bildungseinrichtungen nichts verloren - schließlich lehre der Islam ein Gottesverständnis, das auf menschliche Freiheit abziele. Dem schloss sich auch der Wiener Religionssoziologe Paul M. Zulehner an: Auch der christliche Glaube enthalte ein großes Potenzial, Ängste zu überwinden, sich anderen Religionen zu öffnen und damit Impulse für ein friedliches Zusammenleben zu geben.
Die am "Zentrum für Interreligiöses Lernen, Migrationspädagogik & Mehrsprachigkeit" der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz lehrende Religionspsychologin Anne Koch attestierte einen Trend zur Oberflächlichkeit in der Wahrnehmung und auch in der Selbstdarstellung der Kirchen und Religionen in der Öffentlichkeit. Dies sei nicht zuletzt säkularen und medialen Trends geschuldet, die zu einer "Verpopung" von Religion beitragen würden. Der frühere Grüne Bildungssprecher und Lehrer Harald Walser votierte seinerseits für einen gemeinsamen Ethikunterricht für alle durch "staatlich ausgebildete Kräfte" - zugleich räumte Walser ein, dass ohnehin ein Großteil der Religionslehrer einen die religiöse Vielfalt abbildenden bzw. berücksichtigenden Religionsunterricht erteilen würden.
Weitere Referenten waren u.a. der Wiener Bildungswissenschaftler Henning Schluß, der emeritierte Wiener Religionspädagoge Martin Jäggle, Moussa Al-Hassan Diaw und Thomas Schlager-Weidinger (beide Linz), Bassem Asker und Markus Ladstätter (beide Graz), sowie Karsten Lehmann, Alfred Garcia Sobreira-Majer, Ursula Fatimah Kowanda-Yassin und Yuval Katz-Wilfing (alle Wien).
Die von den Kirchlichen Pädagogischen Hochschulen Graz, Linz und Wien/Krems sowie der PH Burgenland ausgerichtete Tagung fand am 16. und 17. November in Graz und in Kooperation mit "ComUnitySpirit", dem Afro-Asiatischen Institut Graz, der Stadt Graz und dem Bundeszentrum für Interkulturalität, Mehrsprachigkeit und Migration (BIMM) statt.
Quelle: kathpress