Glettler: Gegen Missbrauch "Kultur des aufmerksamen Hinschauens"
Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler hat im Namen seiner Diözese ein klares Bekenntnis für einen kompromisslosen Einsatz gegen Missbrauch in den Reihen der Kirche abgelegt.
Nur genaues Hinsehen und der Wille zu Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit können den konkreten Menschen helfen. Wir als Kirche möchten mit großer Entschiedenheit diesen Weg gehen.
So in einer Stellungnahme, die am Dienstag auf der Website der Diözese Innsbruck veröffentlicht wurde und den Titel "Entschieden einen neuen Weg gehen" trug.
Die Kirche müsse ein "sicherer Ort für Kinder und Jugendliche" sein. Sie bekenne sich daher - und im Speziellen auch die Diözese Innsbruck - unmissverständlich zum von Papst Franziskus geforderten "Null-Toleranz-Prinzip", besonders in Fällen mit Minderjährigen und allen besonders Schutzbedürftigen. "Es gilt, die viel zu lange gestützte 'Mauer des Schweigens' aufzubrechen, das Thema Gewalt und sexualisierte Gewalt aufzubrechen und eine Kultur des aufmerksamen Hinschauens zu schaffen", so Glettler.
Die in den vergangenen Jahren bekannt gewordenen Vorfälle von Priestern und Ordensangehörigen hätten das Vertrauen in die Kirche nachhaltig beschädigt, und die Zahlen, die in jüngsten Studien wie etwa in Deutschland vorgelegt worden seien, seien "beschämend". Die bisher bereits mehrmals ausgesprochenen Entschuldigungsbitten seien ehrlich gemeint und "längst fällige menschliche Gesten", offenbarten aber zugleich eine Unbeholfenheit im Umgang mit den tiefen Enttäuschungen und seelischen Wunden.
Dennoch seien den Worten Taten gefolgt, hob Glettler hervor: So sei österreichweit - und auch in Tirol - eine "schonungslose Aufklärungsarbeit zusammen mit den zivilen Rechtsinstanzen" geleistet und eine unabhängige Opferschutz-Kommission eingesetzt worden. "Deren Entscheidungen sind für uns kirchliche Verantwortungsträger verpflichtend", bekannte der Bischof. Ebenso habe man sofort mit konsequenter Prävention in allen kirchlichen Bereichen und mit für alle kirchlichen Beschäftigten - Kleriker wie Laien - begonnen.
Ausdrücklich dankte Glettler den Verantwortlichen dieses "unmissverständlichen Weges der Transparenz und der Prävention", die sich dafür schon vor seiner Amtszeit in Innsbruck eingesetzt hätten. Besonders würdigte der Bischof seinen Vorgänger Manfred Scheuer und dem damaligen Generalvikar Jakob Bürgler, unter deren Leitung in der Diözese bereits 2012 eine externe Ombudsstelle, eine Opferschutzkommission und eine Planstelle für Präventionsarbeit eingerichtet wurde. Die hier in diesem Bereich geleistete Arbeit könne sich sehen lassen und entspreche den "höchsten professionellen Standards", so Glettler.
Gleichzeitig mahnte der Innsbrucker Oberhirte, dass es auch im Zuge von Aufklärung und schonungsloser Offenlegung von Missbrauchsvergehen keine Pauschalverurteilung oder Generalverdacht geben dürfe. Glettler:
Die ursächliche Verbindung von Zölibat und Missbrauch ist unzulässig und im Namen der Vielen, die mit großer Hingabe für die Menschen eine zölibatäre Lebensform gewählt haben, in höchstem Maß unfair.
Es sei dennoch möglich gewesen, "dass Menschen mit pädosexuellen Neigungen sich unter dem Deckmantel des Zölibats den Zugang zu Minderjährigen erschlichen, diese gefährdet und durch Strafhandlungen lebenslanges, unsägliches Leid verursacht haben", bekannte der Bischof.
Der Schutz der Kinder und Jugendlichen müsse künftig eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, forderte Glettler. Eine diesbezügliche Mahnung dazu seien die jährlich von den Opferschutzeinrichtungen ausgewiesenen heimischen Zahlen, die etwa im Bereich familiärer Gewalt "erschreckend hoch" seien. Wichtig sei es weiterhin, dass die in vielerlei Hinsicht mit diesem Problem Beschäftigten Netzwerke bildeten. "Auch als Teil eines solchen gesamtgesellschaftlichen Netzwerkes wird sich die Kirche zukünftig konstruktiv einbringen", versprach der Bischof.
Quelle: kathpress