Bischof Zsifkovics leitet Vukovar-Gedenken und besucht Djakovo
Der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics hat vergangenen Woche die kroatische Diözese Djakovo besucht. Höhepunkt war der von ihm geleitete Gedenkgottesdienst zum 27. Jahrestag des Falls von Vukovar, einem der tragischsten Momente des kroatischen Unabhängigkeitskriegs 1991-95. Der Kampf um Vukovar hatte 22.000 Tote gefordert, die Stadt an der Grenze zu Serbien wurde fast völlig zerstört. Mehr als zwei Jahrzehnte nach dem "Massaker von Vukovar" (20. November 1991) fand der Eisenstädter Bischof als Gastprediger vor Kroatiens Staatsspitze mutige Worte der Versöhnung. In seinem medial viel beachteten Appell an Kroatiens Gesellschaft rief er auf, "den Geist des Balkans auszuatmen und den Geist Europas einzuatmen".
Zsifkovics folgte einer Einladung des Erzbischofs von Djakovo-Osijek Djuro Hranic. Unter den Vukovargedenken-Pilgern waren auch der Erzbischof von Sarajevo, Kardinal Vinko Puljic, die kroatische Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic und die Regierungsspitze sowie weitere Bischöfe, zahlreiche Priester und Ordensleute. Mit den Zehntausenden Angereisten - viele davon aus der Diaspora - nahm der Ehrengast aus Österreich auch am Gedenkweg zu den Stätten der Massaker und Zerstörung teil.
Im Laufe der Woche besuchte Zsifkovics auch Einrichtungen der Diözese Djakovo, darunter das Priesterseminar. Die Diözese Eisenstadt war im Jugoslawienkrieg Zufluchtsort für Priesterseminaristen aus der Diözese Djakovo.
Geschichte konstruktiv aufarbeiten
Zsifkovics betonte in seiner Predigt, dass es auch in Vukovar keinen anderen Weg als den der Versöhnung" geben könne. Er bat die Menschen um "Vergebung, Versöhnung und friedliches Zusammenleben als direkten Auftrag des Evangeliums Jesu Christi". Dazu gehöre es auch, keine Pauschalverurteilungen des serbischen Volkes vorzunehmen und gegen jede Form der Feindschaft zwischen den Völkern aufzutreten. "Es gibt keine kollektive Schuld, weder auf der einen noch auf der anderen Seite", so Zsifkovics in aller Deutlichkeit, "Schuld auf sich geladen haben einzelne Individuen". Dies gelte auch für die Konflikte zwischen katholischer und orthodoxer Kirche am Balkan, wo nur die Bereitschaft zu Vergebung und Versöhnung der Gesellschaft eine gute und friedliche Zukunft ermöglichen würde.
Der Bischof wies auf seine Grundstücksstiftung für den Bau des ersten orthodoxen Klosters in Österreich hin. Als großer Freund der Ökumene sei es für ihn unfassbar, welche Gräuel am Balkan unter Christen möglich gewesen seien. Vukovar möge in Zukunft nicht Symbol des Leids, sondern der "Aufarbeitung und der Gerechtigkeit" sein. Denn eine auf seelischer Reinigung basierende Versöhnung könne ihrerseits "nur auf Grundlage der Wahrheit" geschehen.
Zsifkovics wörtlich in Hinblick auf die Tendenzen von Geschichtsverfälschung und Mythenbildung:
Öffnet die Archive und zieht die unwürdigen Archivare zur Verantwortung; atmet den Geist des Balkans aus, atmet den Geist Europas ein, denn ihr seid Europa!
Kroatiens Politiker bat Zsifkovics, "damit aufzuhören, gesunde Kräfte für politisches Hickhack zu vergeuden". Der Bischof wörtlich:
Das Volk hat Euch gewählt, damit ihr konstruktiv arbeitet. Seid Baumeister, nicht Demolierer, seht das Positive eures Landes, reinigt dazu eure Brillengläser, die oft durch persönliche Interessen verschmiert sind!
Die Menschen und die Politik rief der Bischof dazu auf, Baumeister nicht nur der eigenen Gesellschaft und der eigenen Interessen, sondern eines menschenwürdigen Europas zu sein.
Benefizkonzert für Vukovar
Mit der burgenländischen Delegation war auch Ivo Separovic, Chorleiter des vom Eisenstädter Bischof gegründeten internationalen Chores "Pax et Bonum", mit nach Vukovar gekommen und trug live das Lied "Weine nicht, Mutter!" vor. Bischof Zsifkovics schloss daran an mit der Ermutigung aller, angesichts so vieler Wunden nicht länger zu weinen, aufrecht in die Zukunft zu gehen und sich im Schutze und Segen Gottes geborgen zu wissen. Mit zwischenzeitlich weit mehr als 200.000 Klicks im Internet für den Chor wurde nochmals offenbar, wie sehr eine vom Krieg immer noch gezeichnete Gesellschaft diese Botschaft braucht.
Die kroatische Regierung beschloss dieser Tage auch, gemeinsam mit der Stadt Zagreb den Ehrenschutz für ein Konzert von "Pax et Bonum" im kommenden Jahr zu übernehmen. Das Konzert wird in Zagrebs berühmtester Konzerthalle stattfinden und ein Benefizkonzert zugunsten von Vukovar sein. Bischof Zsifkovics dankte Premierminister Plenkovic bei der Messe ausdrücklich für die große Ehre, die die Regierung Kroatiens dem Chorprojekt der Burgenlandkroaten erweist.
Zsifkovics feierte im Rahmen seines Kroatienbesuchs auch eine Messe mit Studenten des Priesterseminars der Diözese Djakovo. Es war ebenfalls eine Feier mit starkem emotionalen Hintergrund: Vor 27 Jahren war das ganze Seminar im Zuge der Wirren des Jugoslawienkrieges nach Mattersburg ins Knabenseminar geflohen. Dort verbrachten die Kandidaten ein ganzes Studienjahr, bis sie wieder nach Hause zurückkehren konnten. In Mattersburg wurden sie damals vom jungen Ordinariatskanzler namens Ägidius Zsifkovics empfangen. Sein Chef, Bischof Stefan Laszlo, hatte ihn gebeten, die jungen Männer sprachlich zu betreuen und für ihr Wohl bei Studium und Unterkunft zu sorgen.
Quelle: kathpress