Christmetten: Bischöfe orten zu Weihnachten "Spur des Friedens"
Die österreichischen Bischöfe haben in den Weihnachtsgottesdiensten am Heiligen Abend das Phänomen von Freude, Hoffnung, Zuversicht und - zumindest spurenweise - Friede, wie dies von Weihnachten ausgeht, beleuchtet. In mehreren Predigten der Christnacht ging es auch das 200-Jahr-Jubiläum von "Stille Nacht, heilige Nacht", das zu Weihnachten erneut auf dem gesamten Erdball und in mehr als 300 verschiedenen Sprachen und Dialekten gesungen wurde.
Weihnachten habe eine ganz eigenartige Kraft, sagte der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl bei der Christmette im Grazer Dom.
Mitten hinein in unsere 'Zuvielisation' werden wir beschenkt, mitten in einer nervösen Gesellschaft kehrt eine Spur des Friedens ein, den man selbst nicht geben kann. Schon am Nachmittag des Heiligen Abends wird das spürbar, wenn eine seltsame Stille die hektische Atmosphäre einfängt. Wir könnten sagen: Frieden ist wirklich das Weihnachtsgeschenk Gottes.
Im Lied "Stille Nacht" werde dies auf besondere Weise verdichtet. "Der Friede, von dem hier die Rede ist, ist alles andere als 'weltfremd'; Gott bietet diesen mitten im Durcheinander unserer Welt an." Weihnachten vollziehe sich nicht nur dann, "wenn wir gut und anständig sind oder alles zwischen uns harmonisch abläuft", und auch Jesus sei in eine unruhige, friedlose Welt hineingeboren worden. Doch wer ihn aufnehme, werde "zum Gestalter einer neuen Welt - aufmerksamer, couragierter und gewaltfreier".
Krautwaschl ging auf das Wort von Papst Franziskus ein, die Kirche sei an die Peripherie und zu den Menschen an der Peripherie gesandt. "Nicht 'mitten drin', sondern 'draußen', am 'Rand', in Bethlehem und nicht in der damaligen Hauptstadt - und später dann in Nazareth - kann man dem menschgewordenen Sohn Gottes begegnen", so der Bischof. Auch das "Zukunftsbild der Diözese Graz-Seckau" lade dazu ein, "Jesus dort zu suchen und zu finden, wo er nicht aufs Erste vermutet wird". Dies seien jene, "auf die niemand hört, die sprachlos sind, die vielleicht nach Arbeit suchen und die jeden Cent umdrehen müssen". Ebenso sei das Christuskind in der Krippe mitunter beunruhigend und habe "kein sanftes Ruhekissen". Das Holz der Krippe werde in der Tradition oft als Bild für das Holz des Kreuzes gesehen, an dem Jesus später öffentlich hingerichtet worden sei.
Krautwaschl skizzierte eine Erneuerung der Kirche so wie sie der Papst betone - und darin nicht müde werde:
Von der Peripherie her, von den existentiellen Rändern her, neu zentriert. Vielleicht tun wir uns mit dieser Radikalität unseres Glaubens schwer, weil wir in unserer langen Geschichte als Kirche in Europa an entsprechende Absicherungen bislang gewohnt waren.
"Stille Nacht" ist Spiegelbild der Weihnachtsbotschaft
Das vor 200 Jahren vom Priester Joseph Mohr und dem Lehrer und Organisten Franz Xaver Gruber getextete und komponierte Weihnachtslied "Stille Nacht" zeige auch bei jenen Menschen Wirkung, die an gar nichts glauben, sagte Bischof Ägidius Zsifkovics in der Christmette. "Das mag vielleicht am Wissen daran liegen, dass ein großer Teil der Menschheit dieses Lied mitsingt, und dass wir uns dadurch zumindest einmal im Jahr als die Menschheitsfamilie zeigen, die wir für den Rest des Jahres - durch Zersplitterung in unterschiedliche politische und wirtschaftliche Systeme, in Rassen, Klassen, Sprachen und Religionen - leider nicht sind", so der Bischof in seiner Predigt im Eisenstädter Martinsdom.
Inhalt wie auch Enstehungsgeschichte des bekanntesten Weihnachtslieds weltweit seien aber darüber hinaus "ein bleibendes Spiegelbild dessen, was Weihnachten wirklich bedeutet", hob Zsifkovics hervor und bezeichnete Mohr und Gruber als "Botschafter des Wesens Gottes". Denn, so der Bischof, "Gott erscheint den Menschen als Lichtschein in finsterer Nacht. Sein Kommen heiligt die soziale und moralische Dunkelheit und verwandelt das Unheilige in Heiliges."
"Dass in dunkler Nacht und in schmutzigen Zeiten denen, die am äußersten Rande stehen und im Dreck sitzen, die dauerhafte Rettung verheißen ist, ist die dreifache, ganz und gar unsentimentale Botschaft des Stille-Nacht-Liedes", betonte der Eisenstädter Diözesanbischof. Diese tröstende Botschaft sei zugleich "Aufruf zur menschlichen Gemeinschaft, die uns zu Leistungen und Taten befähigt, die wir als einzelne nicht erbringen könnten". Er wünsche sich, so Zsifkovics, dass etwas von diesem Weihnachtsgeheimnis auf die Menschen überspringe:
Dass wir im Blick auf den menschgewordenen Gott wieder lernen, nicht allein bei uns selbst zu verweilen, sondern dass wir zu Menschen werden, die einander gerade das geben, was sie selbst behalten möchten.
Gottes begleitende Hand annehmen
In der Menschwerdung habe Gott seine Ursehnsucht, "ein Gott mit den Menschen, ein Gott auf gleicher Augenhöhe zu sein, verwirklicht", sagte Erzbischof Franz Lackner in der Christmette im Salzburger Dom. Die Frohe Botschaft von Weihnachten liege im von Mitleid und Mitfreude gezeichneten, barmherzigen Blick Gottes auf die Menschen.
Bis in die heutige Zeit, die sich "rühme, über weite Strecken überhaupt ohne Gott das Auslangen zu finden", werde Gottes begleitende Hand allerdings "seit jeher ausgeschlagen", merkte Lackner an.
Wir feiern weiterhin, als ob nichts geschehen wäre, jedes Jahr Weihnachten, betrachten das göttliche Geheimnis mit Andacht und noch mehr Emotion; vergessen allerdings dabei die bittere Armut Gottes. Das Kind liegt in einer Krippe, die von uns aus gleichem Holz gezimmert ist, wie das Kreuz auf Golgotha. In dieser Spannung steht die Geschichte Gottes mit den Menschen, steht unser Weihnachtsfest.
Zuwendung und Solidarität
Weihnachten sei "Maßstab und Programm zur Veränderung des eigenen Lebens und der Gesellschaft", sagte der Gurker Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger in der Christmette, die er in der Kärntner Pfarre Petschnitzen/Pecnica feierte. Die Menschwerdung Gottes im Stall von Bethlehem sei keine Idylle oder Folklore, sondern Einladung, selbst ganz Mensch zu sein und sich auch für Arme, Schwache und Ausgestoßene einzusetzen. "Gott, der Schöpfer der Welt, kommt als einfacher Mensch auf die Welt und ist uns mit seinem Leben, das von Zuwendung und Solidarität geprägt ist, Vorbild", so Guggenberger.
Die bedingungslose Liebe und uneingeschränkte Nähe Gottes gelten in besonderer Weise deshalb gerade jenen Menschen, "die Weihnachten nicht in Gemeinschaft feiern können, die einen lieben Menschen verloren haben, die krank, einsam, arbeitslos, auf der Flucht oder gesellschaftlich ausgegrenzt sind". Die Zusage, dass Gott im Kind in der Krippe einer von uns geworden ist und uns in allen Höhen und Tiefen des Lebens begleitet, sei der eigentliche Grund für die Freude, Hoffnung und Zuversicht, die vom Weihnachtsfest ausgehe.
Die Botschaft von der Menschwerdung Gottes habe, so Diözesanadministrator Guggenberger, auch heute verändernde Kraft. "Sie führt Menschen zusammen, schenkt Geborgenheit und gibt Kraft zum Teilen, Mitfühlen und Gestalten".
Quelle: kathpress