Grazer Bischof: "Nächstenliebe ist im Menschen eingeschrieben"
Tätige Menschenliebe gehört für den Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl zentral zum Wesen des Menschen. "Nächstenliebe hat auch etwas mit der Erfüllung des eigenen Daseins zu tun: Liebe, Nächstenliebe, ist im Menschen eingeschrieben", sagte der Grazer Bischof im Weihnachtsinterview mit der "Kleinen Zeitung" (25. Dezember). Die Kirche schenke den Menschen zu Weihnachten den Glauben an Jesus und auch das Wissen, dass sich nicht alles um einen selbst drehe. "Ich denke, das ist ein Geschenk, das die Gesellschaft derzeit dringend braucht", so Krautwaschl.
Weihnachten sei "nicht so lieblich, wie es in den Liedern vermittelt wird", fügte der Bischof hinzu:
Jesus ist außerhalb der Hauptstadt, in Bethlehem, auf die Welt gekommen, nicht dort, wo und wie man sich's erwartet. Dem nachzuspüren, tut gut. Gott ist Mensch geworden, er lässt sich auf uns ein. Das ist ein radikales Geschenk.
Immer mehr Menschen fänden heute keine Sprache, um ihre Sehnsucht nach Geborgenheit und Angenommensein auszudrücken, Sicherheit und Halt im Leben bildeten große Fragen, machte Krautwaschl aufmerksam:
Weihnachten sagt hier: Es gibt jemanden, Gott, der sagt: Lass Dich ein auf mich, auf mich, der alles überblickt.
Angesprochen auf seine Einschätzung zur Arbeit der seit einem Jahr amtierenden ÖVP-FPÖ-Regierung äußerte sich der Grazer Diözesanbischof im Gespräch mit der "Kleinen Zeitung" auch zum Themenkreis "Flucht und Migration". 2015 sei die Kirche von der Politik aufgefordert worden, etwas für Flüchtlinge zu tun. "Und nun sollen wir plötzlich nichts mehr machen. So kommt es zumindest bei vielen an", sagte Krautwaschl. Auch wenn die in der Regierung vertretenen Parteien seit 2015 gewechselt hätten sei dies "unfair".
Beim humanitären Bleiberecht habe die Kirche den Eindruck, "nicht gehört zu werden oder nicht gehört werden zu wollen", sagte Krautwaschl. "Heute habe ich das Gefühl, dass zuerst keine Integration stattfindet und wenn jemand dann einen positiven Bescheid bekommt, von jetzt auf gleich integriert sein soll." Dass Asyl aufgrund von Verfolgung etwas anderes sei als Migration, denke er auch, so der Bischof weiter: "Aber es ist nicht so deutlich voneinander zu trennen."
Generell wünscht sich Krautwaschl von der Regierung bei zu entscheidenden politischen Themen "Zeit für einen Rundumblick, keinen Schnellschuss" sowie, "dass man versucht, aufeinander zu hören". Nachsatz: "Das sollte aber auch die Opposition mit einschließen."
Quelle: kathpress