Bischof Glettler präsentiert neues Perspektivenpapier
Wir wollen mit der Kirche in Innsbruck einen zuversichtlichen Weg gehen mit Christus in der Mitte - auch wenn die Großwetterlage für Kirche und Gesellschaft derzeit wenig erfrischend ist.
Das hat Bischof Hermann Glettler am Dienstag bei der Präsentation des neuen Perspektivenpapiers der Diözese Innsbruck betont. Das 50-Jahr-Diözesanjubiläum 2014 war Anlass für einen breit angelegten Nachdenk- und Erneuerungsprozess in der Diözese, der unter dem Namen "Die Zeichen der Zeit erkennen" firmierte. Ergebnis ist u.a. das neue Perspektivenpapier mit dem Titel "Kirche ist Weggemeinschaft".
Die Kirche sei im Umbruch, stelle sich Veränderungsprozessen und habe zugleich ein buntes Erscheinungsbild, sagte Glettler beim Pressetermin im Innsbrucker Haus der Begegnung: "Vieles blüht, doch müssen wir uns überlegen, was wir loslassen." Das nun vorliegende Papier biete Orientierung und beanspruche ein gutes Maß an Verbindlichkeit für alle, die den Weg der Kirche mitgestalten und mitverantworten.
Freilich räumte der Innsbrucker Bischof auch ein, dass Perspektiven keine unverrückbaren Festschreibungen sind. "Wir müssen uns auch eine gewisse Flexibilität bewahren, um sich verändernden Anforderungen an Seelsorge und Pastoral gerecht werden zu können", so Glettler. Nachsatz: "Wichtiger als das Papier ist das Leben."
Seelsorgeräume, Laien, Priester
Am Konzept der Bildung von Seelsorgeräumen, das seit 2004 besteht, wird festgehalten, heißt es im Perspektivenpapier. Zugleich wird betont, dass die einzelnen Pfarren weitgehend erhalten bleiben sollen. Die Seelsorgeräume sollen aber weiter entwickelt werden "im Anliegen, Laien verstärkt an der Ausübung der Hirtensorge in den Pfarrgemeinden zu beteiligen und sie am Dienst an der Leitung in einem größtmöglichen Ausmaß an Verantwortung einzubinden", wie es wörtlich heißt. Aufgrund konkreter Gegebenheiten könne auch einem Pastoralteam die Mitverantwortung an der Leitung einer Pfarrgemeinde übertragen werden.
Neben der Stärkung des Laienengagements soll freilich auch die Förderung von Priesterberufungen "aufgrund der Dringlichkeit" besondere Aufmerksamkeit erfahren. Dazu wird in dem Papier festgehalten:
Unsere katholische Kirche lebt nicht zuletzt von ihrer sakramentalen Struktur, für die es auch in Zukunft das durch die Weihe übertragene Dienstamt braucht.
Die Pfarren sollen jedenfalls in ihrer Selbstverantwortung gestärkt werden. "Ziel ist es, dass der Bischof in jeder Pfarre eine haupt- oder ehrenamtliche Person beauftragt, gemeinsam mit dem Pfarrer, dem Pfarrgemeinderat und Pfarrkirchenrat die organisatorische und pastorale Leitung vor Ort wahrzunehmen." Der Pfarrer soll von Aufgaben entlastet werden, die nicht zum Kern seiner priesterlichen Berufung gehören.
Im Bereich der pfarrlichen Seelsorge werden weiters diözesane Standards festgelegt. Diese beinhalten alle Aufgaben, die in einer Pfarre wahrzunehmen sind. Davon zu unterscheiden seien Schwerpunktsetzungen, die eigenständig getroffen werden.
"Quelle und Höhepunkt des pfarrlichen Leben"
Wie es in dem Perspektivenpapier weiter heißt, ist die Eucharistie "Quelle und Höhepunkt des pfarrlichen Leben" und soll "so oft wie möglich und angemessen" gefeiert werden. Die Eucharistiefeier am Sonntag habe dabei einen zentralen Stellenwert. Daneben würden Frauen und Männer jene liturgischen Feiern leiten, für die sie vom Bischof beauftragt sind: Das betreffe etwa Wort-Gottes-Feiern an Werktagen und Sonntagen, vielfältige Andachten oder Begräbnisliturgien. Ein besonderes Augenmerk will man in der Diözese Innsbruck künftig auf das Sakrament der Versöhnung (Beichte) legen. Auch die Krankenhausseelsorge soll verstärkt werden, "weil an diesen Orten eine wachsende spirituelle Sehnsucht der Menschen spürbar ist".
Ausbauen will man in der Diözese auch das sozial-caritative Engagement, und zwar sowohl im Land selbst als auch international. Weitere Schwerpunkte listet das Perspektivenpapier im Zugang zu Menschen, die der Kirche fern stehen, auf, sowie in der Familien-, Kinder- und Jugendpastoral. So wird beispielsweise explizit angeführt, dass zehn Prozent des kirchlichen Engagements (zeitlich und finanziell) für junge Menschen eingebracht werden.
Verstärken will man zudem die Zusammenarbeit mit den Orden und anderen geistlichen Gemeinschaften, die Ökumene und den interreligiösen Dialog sowie das Engagement im Bildungsbereich. "Die Diözese Innsbruck engagiert sich weiterhin in den Bereichen Frühpädagogik, Schule, Hochschule, Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung und bleibt damit eine wichtige Stimme in der Bildungslandschaft des Landes", heißt es. Das bedeutet etwa, dass im Bereich der katholischen Privatschulen verstärkt der Zugang von Kindern aus sozial schwachen Familien gefördert werden soll.
Im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz kündigt das Papier die Erarbeitung von "Leitlinien für schöpfungsverantwortlichen Ressourceneinsatz und nachhaltiges Wirtschaften in allen Bereichen des diözesanen Wirkens" an. Der Beitritt zum "KlimabündnisTirol" und eine ökosoziale Beschaffungsordnung, die das Gemeinwohl stärkt und regionale Wirtschaftskreisläufe fördert, sind ebenfalls Teil der diözesanen Zukunftsvorhaben.
Seelsorge geschieht immer stärker im Team
Pfarrer Paul Kneußl, Leiter des Seelsorgeraums St. Paulus-St. Pirmin in Innsbruck, unterstrich bei der Vorstellung des Perspektivenpapiers, dass die Seelsorge stets nahe bei den Menschen sein müsse. Als Leiter eines Seelsorgeraums mit zwei Pfarren unterstrich Kneußl wichtige Punkte des Papiers:
Wir müssen über den Tellerrand hinausschauen. Nicht jede Pfarre muss alles anbieten, es gilt Synergien zu nutzen und Schwerpunktpfarren zu schaffen.
Die Eigenständigkeit der einzelnen Pfarren werde dadurch nicht in Frage gestellt.
Klaudia Kluckner, als Ökonomin seit vielen Jahren ehrenamtlich für die wirtschaftlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Pfarre Reith bei Seefeld verantwortlich, sagte bei der Präsentation:
Es braucht Menschen, die in den Pfarren in Eigenverantwortung arbeiten und dadurch den Priester entlasten.
Sr. Christina Blätterbinder von den Steyler Missionsschwestern hob den Stellenwert der Ordensgemeinschaften in Tirol hervor. Ihre Gemeinschaft, bestehend aus fünf Schwestern aus vier Nationen, arbeitet in der Pfarre Dreiheiligen in Innsbruck mit. "Wir müssen mehr hinausgehen, verkünden und den Glauben bezeugen", so Sr. Regina und weiter: "Wir können auch von kirchenfernen Menschen viel lernen."
Roman Sillaber, Geschäftsführer der Katholischen Jugend Innsbruck, begrüßte bei der Präsentation des Perspektivenpapiers, dass Kinder und Jugendliche darin nicht als Zielgruppe, sondern als "lebendige Glieder der Kirche" bezeichnet werden. "Jugend ist nicht nur Zukunft in der Kirche, sondern Gegenwart", so Sillaber. (Perspektivenpapier im Wortlaut abrufbar auf der Website www.www.dibk.at; Direktlink: https://bit.ly/2YosA1k)
Quelle: kathpress