Pastoraltheologin Polak
Distanz der Jugend ist "große Anfrage an Kirche"
Pastoraltheologin Polak
Distanz der Jugend ist "große Anfrage an Kirche"
Als "große Anfrage an die Kirche" und Ausdruck von enormem Handlungsbedarf hat die Theologin Regina Polak die große Distanz zwischen der Jugend und der Kirche bezeichnet. "Die Kirche ist heute für viele junge Menschen schlichtweg ein fremder Planet, den man höchstens aus den Medien ein wenig kennt, für den man sich aber nicht interessiert. Die Zukunft wird stark davon abhängen, ob es ihr gelingt, den Glauben in anderen kulturellen Welten - vor allem jene der Jugendlichen - zu kommunizieren und erfahrbar zu machen", erklärte die Wiener Religionssoziologin am Donnerstag im Interview mit der Nachrichtenagentur "Kathpress".
Polak bezog sich auf eine in der Karwoche präsentierte Umfrage des österreichischen Instituts für Jugendkulturforschung. 45 Prozent der Zehn- bis 19-Jährigen gehen demnach beim Thema Religion emotional auf Distanz und 38 Prozent fiel nichts ein, als sie danach gefragt wurden, woran sie beim Wort "Religion" denken. 34 Prozent der 300 repräsentativ ausgewählten Jugendlichen gaben an, "keine religiös-weltanschauliche Heimat" zu besitzen. Mit Kirche verbinden Jugendliche vor allem religiöse Symbole und Rituale wie etwa Taufe und Trauung.
Jugendstudie des Instituts für Jugendkulturforschung
Zwölf Prozent der jungen Befragten erklärten, Kirche sei "nichts für sie", sieben Prozent kritisierten die Kirchensteuer, drei Prozent eine "Doppelmoral", ein Prozent forderte Reformen. Die wenigsten sahen in der Amtskirche eine gesellschaftliche Einflussgröße oder Orientierungspunkte für das eigene Leben. Wie es seitens der Studienautoren hieß, sei Österreich zumindest aus Perspektive der Jugendlichen "kein klassisch katholisches Land mehr".
Antworten suchen statt schimpfen
Die Ergebnisse seien "nicht überraschend" und bestätigten bloß einen schon seit vielen Jahrzehnten anhaltenden Trend, kommentierte Polak die Umfrageergebnisse. "Schon seit der Nachkriegsgeneration hält der Rückgang an Kirchlichkeit unter den Jugendlichen an." Die zunehmende Distanzierung habe soweit geführt, dass das Erleben eines christlich geprägten Alltags die klare Ausnahme sei und selbst die kritische Auseinandersetzung mit Kirche kaum mehr stattfinde. "Aus Wahrnehmung der Jugendlichen besteht Kirche aus älteren Männern, was auf sie vor dem Hintergrund der gestiegenen Sensibilität für Geschlechtergerechtigkeit einfach 'strange' wirkt", so die Wiener Universitätsprofessorin.
Insgesamt beschränke sich die "Entkonfessionalisierung" keineswegs auf die junge Generation, sondern sei ein gesamtgesellschaftlicher Trend im Zuge der Säkularisierung, betonte Polak. Statt darüber zu schimpfen, müsse die Kirche darauf Antworten finden - "denn ihre Erneuerung hat immer dann funktioniert, wenn sie sich ihrer eigenen Tradition erinnert und gleichzeitig Wege gefunden hat, dies im Horizont der jeweiligen Zeichen der Zeit zu übersetzen". Nachdem Papst Franziskus im Vorjahr mit der Jugendsynode einen guten Anfang gesetzt habe, gelte es die Ergebnisse nun zügig in den einzelnen Ländern und Städten zu "verorten", durch grundsätzliche Auseinandersetzungen auf Ebene der Theologie und pastorale Konzepte für die Unterstützung der in der Jugendarbeit Tätigen.
Jugendthemen ernst nehmen
Um die Distanz zur Jugend zu verringern, müsse die Kirche deren Sprache erlernen, ihre Vielfalt verstehen und ihre Themen aufgreifen, empfahl die Wiener Theologin. "Das sind etwa Fragen der Ökologie und des Klimawandels, der Digitalisierung, der Jugendarbeitslosigkeit und der vielen Umwälzungen in den Arbeitswelten, damit eng verbunden jedoch auch des Beziehungs- und Familienlebens." Jugendliche Interessen seien in der Öffentlichkeit stark unterbelichtet - "weshalb es mich wundert, dass die jungen Leute nicht grantiger sind. In unserer alternden Welt vergisst man, was es bedeutet, als junger Mensch auf eine ziemlich schwierige und herausfordernde Zukunft zuzusteuern", unterstrich Polak. Die Kirche könnte hier in eine Lücke stoßen und sich als Sprachrohr anbieten - "jedoch nicht paternalistisch, sondern im Gespräch mit der jungen Generation".
Quelle: Kathpress