Glettler für Osterbotschaft jenseits "kirchlicher Floskeln"
Es sei herausfordernd, für die wertvolle Botschaft Jesu eine verständliche Sprache zu finden. "Kirchliche oder liturgische Floskeln berühren nicht", sagte der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler im Interview mit den Tiroler Bezirksblättern anlässlich des Osterfestes. Die Fragen nach Sinn und Spiritualität seien aktueller denn je, viele Menschen spürten trotz Wohlstand eine Sinnleere. "Gegenüber Institutionen ist man jedoch kritisch", so Glettler. In einer Zeit, da Konflikte und Auseinandersetzungen "sehr hart geführt" werden und seelische Wunden bleiben, gelte es auf Versöhnung als christliche Antwort zu setzen. "Wir müssen uns als Kirche selbstbewusst und demütig einbringen", betonte der Bischof.
Zur "Großwetterlage" für Kirche und Gesellschaft erklärte Glettler, er sei grundsätzlich ein optimistischer Mensch. "Aber wir leben in einer Zeit bedrängter Zuversicht." Die Menschen hätten auch aufgrund globaler Entwicklungen wie Klimawandel oder erneutes Aufrüsten Ängste und seien unsicher. "Und für die Kirche sind schwere Altlasten aufzuarbeiten. Stichwort Missbrauch." Hier ist nach der Beobachtung Glettlers aber "ein reinigender Prozess in Gang", es gebe ein Umdenken auf allen Ebenen. "Ich erlaube mir hinzuweisen, dass wir es mit einem großen gesellschaftlichen Problem zu tun haben."
"Selbstkritisch" äußerte sich der Bischof zur neuen Regelung der Bundesregierung für den Karfreitag: "Ich hätte durchaus deutlicher und lauter Stellung nehmen müssen." Der Karfreitag habe für alle Konfession eine enorme Bedeutung. Eine Unterbrechung des Alltags und bewusstes Innehalten wären nötig, befand Glettler.
In die selbe selbstkritische Kerbe schlug der Bischof dieser Tage auch im Interview mit der "Kronenzeitung":
Im Nachhinein betrachtet tut es mir schon leid, dass wir nicht deutlicher ein Plädoyer für den Karfreitag als Feiertag für alle gehalten haben.
Im Blick auf die Bundesregierung meinte er:
Ich bin mit Schlagworten wie soziale Kälte immer vorsichtig. Aber man muss schon auf der Hut sein, um solche Tendenzen nicht zu übersehen.
Regierung muss auf Betroffene hören
Der Bischof zeigte sich überzeugt, dass die Regierung bei Gesetzesvorhaben mehr mit Betroffenen den Dialog suchen müsse. Ein Beispiel:
Das ist mein Verdacht, dass man für die Sozialhilfe Neu zu wenig auf Sozialarbeiter und andere Fachleute gehört hat. Das ist aber notwendig, um sozial treffsicher zu bleiben.
Auf die Zukunft der Pfarren angesprochen sagte Glettler, dass es ihm wichtig sei, dass die Kirche vor Ort präsent ist. Es sei aber nicht mehr möglich, "dass jede kleine Pfarre einen eigenen Priester hat. Wir sind gerade dabei, Laien und Ehrenamtlichen mehr Verantwortung zu übertragen." Großes Interesse bestehe an den neuen "Weggemeinschaften", die bereits in rund 30 Pfarren eingerichtet werden. Die Idee dahinter: "Kirchen leben im kleinen Netzwerk." Das könne die Glaubensgemeinschaft in Pfarren stärken, so der Bischof. Nachsatz: "Das bedeutet auch einen Kulturwandel, der mindestens zehn Jahre braucht."
"Fest der Zuversicht"
Ostern bezeichnete der Bischof in den Bezirksblättern als "Fest der Zuversicht", an dem der Auferstandene zusage: "Ich bin bei Euch, habt keine Angst!" Ostern sei für ihn auch der Anlass, ein paar Schritte des Umdenkens und der Umkehr zu probieren. Das zentrale christliche Fest "schmeckt für mich immer nach Neubeginn und Leben", so Glettler. In der Fastenzeit habe er sich vorgenommen, auf Fleisch und Alkohol zu verzichten, "muss aber zugeben, dass ich beim Fasten kein Weltmeister bin. Irgendwie gehört das Scheitern dazu".
Ostern unterbricht Teufelskreis des Verurteilens
Auf "meist demütigende" Kategorisierungen in Erfolgreiche und Schmarotzer, in die moralisch Korrekten bzw. die Verwerflichen wies der Innsbrucker Bischof in seinen "Gedanken zum Osterfest" im Diözesanblatt "Tiroler Sonntag" hin. Ethnische, soziale, politische und religiöse Zugehörigkeiten hätten ihre Bedeutung, aber auch ihre Grenze. "Menschsein geht anders, bunter und verbundener." Ostern unterbreche den Teufelskreis des Verurteilens und "die heillose Suche nach Sündenböcken", schrieb Glettler. "Derjenige, der allein das Recht zum Urteilen gehabt hätte, ließ sich als gottloser Verbrecher hinrichten." Die Art und Weise, wie Jesus die ihm zugefügten Demütigungen ertrug, habe eine Wende gebracht, unterstrich Glettler: "Seine Liebe war stärker als jede Lüge und Bosheit."
Quelle: kathpress