Krankenhausärzte in "Spiritual Care" einbinden
Die heutige Form der Krankenhausseelsorge, die für viele eine Selbstverständlichkeit ist, hat die deutsche Theologin und Medizinerin Doris Nauer bei der Tagung "Spiritual Care/Professionelle spirituelle Begleitung in der Klinik" in Graz hinterfragt. Die Veranstaltung am 17. Mai im vollbesetzten Vortragssaal des Seminarzentrums am Landeskrankenhaus und Universitätsklinikum Graz befasste sich mit Perspektiven und Herausforderungen von "Spiritual Care" in Hinblick auf ihre Professionalisierung und Institutionalisierung sowie in ihrem Verhältnis zur konfessionellen Seelsorge.
"Will man heute überhaupt in einer Klinik eine individuelle spirituelle Begleitung, angeboten von haupt- oder ehrenamtlichen christlichen Seelsorgerinnen und Seelsorgern? Sollten diese nicht vielmehr eine Berufsgruppe sein, die sich aus ihrem Kirchenkontext löst und sich voll und ganz strukturell in das Klinikum integriert? Sollten Seelsorgerinnen und Seelsorger daher künftig nicht mehr von ihren jeweiligen Kirchen, sondern ausschließlich vom Klinikum finanziert werden? Oder geht der Wunsch in Richtung spiritueller Begleitung durch Pflegende, Ärzte und Sozialarbeiter, die eine Zusatzausbildung in Spiritual Care durchlaufen haben?", so die provokanten Fragestellungen im Vortrag Nauers.
Es gebe heute viele, die der Meinung seien, dass Spiritualität im Krankenhaus nichts zu suchen habe. Der Meinung dieser Menschen zufolge brauche es deshalb auch kein diesbezügliches Angebot.
Andererseits gebe es in der Medizin die "Wiederentdeckung des ganzen Menschen". Viele forderten deshalb, dass dies Auswirkungen im klinischen Alltag haben müsse, so Nauer. "Professionelle spirituelle Begleitung" könnte deshalb verstärkt auch ein Angebot für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Führungskräfte an Krankenhäusern sein, gab die Vallendarer Professorin zu bedenken. Spiritual Care finde auch international immer mehr Anhänger; sie könne schließlich sogar dazu beitragen, "nicht nur effizienter zu helfen, sondern langfristig Geld einzusparen".
Wenn sich eine Klinikleitung aus welchen Gründen auch immer dazu entschlösse, eine professionelle spirituelle Begleitung für Menschen jeglicher Religiosität und Spiritualität vorzusehen, sollten auch die Finanzierungsmöglichkeiten bedacht werden. Weiters gehe es um das Personal:
Wer genau, sprich welche Berufsgruppe, würde die notwendigen Kompetenzen mitbringen, um eine sowohl religions- als auch kirchenunabhängige Spiritual Care anbieten zu können? Ist Spiritual Care demnach so etwas wie eine modernere Variante der christlichen Klinikseelsorge, die immer mehr Menschen wegen deren religiöser Einfärbung entschieden ablehnen?
Constanze Giese, Münchner Professorin für Ethik und Anthropologie in der Pflege, betonte in ihrem Statement bei dem Grazer Symposium die notwendige Zweckfreiheit von Spiritualität und Spiritual Care sowie die spirituelle Dimension scheinbar einfacher Handlungen besonders in kritischen Situationen.
Der Psychotherapeut Rainer Dirnberger sprach unter dem Leitwort "Aufgeklärte Spiritualität" über die persönliche Suche nach Sinn und Bedeutung von Leben und Welt als Ausgangspunkt der Spiritualität in Verbindung mit dialogischen und offenen Deutungen. Der Wiener Medizinethikers Michael Peintinger wiederum warb für ein personorientiertes und ganzheitliches Verständnis des Patienten und der Medizin
Der Ärztliche Direktor des Grazer Krankenhauses der Elisabethinen, Gerald Geyer, sprach über "Die Verlorene Kunst des Heilens". Leitbild sei, Heilen in Verbindung mit einer wertorientierten Führung und einer nachhaltigen Unternehmenskultur vertieft zu etablieren.
Quelle: kathpress