Scheuer: Glaube ohne Mut zu Neuem ist "seelenlos"
Vor der Haltung eines "alltagspraktischen Atheismus", in dem Kirche ohne spirituelle Tiefe nur noch "funktioniert", warnt der Linzer Bischof Manfred Scheuer. "Wenn nur noch der Betrieb aufrechterhalten wird, hat das mit Glauben nicht mehr viel zu tun", sagte er in der jüngst erschienenen Premierenausgabe des Magazins "Grüß Gott!" der Diözese Linz im Gespräch mit dem Marketing-Experten Franz Hirschmugl. Scheuers Überzeugung: "Der Glaube brauch Mut, auch Mut zu Neuem." Sonst drohe eine "Seelenlosigkeit", vor der auch "professionelle Christen" nicht gefeit seien.
Er selbst sei mit seiner Aufgabe als Bischof so ausgefüllt, "dass ich nicht darüber nachdenken kann, ob mir etwas abgeht", antwortete Scheuer auf die Frage, was er in seinem Leben am meisten vermisst. Für seinen "spirituellen Haushalt" sei diese Beanspruchung nicht gut, bekannte er. Es sei auch eine Dimension des Fastens, überhaupt zu verstehen, was einem fehlt. "Viele Menschen haben schon vergessen, dass sie Gott vergessen haben - es geht ihnen also auch nichts ab", so der Linzer Bischof wörtlich.
Als seine schwierigste Aufgabe als Bischof bezeichnete es Scheuer, "die unterschiedlichen, auch gegensätzlichen Kräfte in der Diözese irgendwie zusammenzuhalten". Er berichtete von an ihn gerichteten Briefen, in denen viele Aggressionen und auch "gegenseitige Verachtung" zum Ausdruck kämen. Einem solchen Stil erteilte Scheuer als Brückenbauer in seiner Diözese eine klare Absage. "Manche wollen schon verändern, aber gleichzeitig wollen sie die anderen abschütteln", kritisierte Scheuer diese Form der Ausgrenzung.
Ihm sei wichtig, dass Christen fähig sind, klare Antworten auf die Frage "Was glaubst du?" zu geben. Bei Treffen junger Muslime und Christen wüssten erstere oft besser Bescheid über das Christentum, beklagte der Bischof. "Auskunftsfähig bleiben im Glauben" sei ihm ein Anliegen. "Wir müssen auch darüber reden, dass wir Christen offen für das Fremde sein sollen." Der Gedanke, dass man das christliche Abendland vor den Fremden retten muss, ist laut Scheuer "ein Widerspruch in sich". Wer so etwas sage, "hat nicht verstanden, was christlich bedeutet".
Quelle: kathpress