Religionsvertreter schließen sich Klimastreiks an
Spitzenvertreter von Religionen und Glaubensgemeinschaften in Österreich haben ihre Unterstützung für die "Fridays for Future"-Klimastreiks bekundet. Man teile die Forderungen der Schüler an die Politik, sich auch nach den Wahlen viel aktiver als bisher für Klimaschutz und die Einhaltung der vereinbarten Klimaziele einzusetzen, bekräftigten der katholische Jugendbischof Stephan Turnovszky, der evangelische Bischof Michael Chalupka, Enis Buzar von der Islamischen Glaubensgemeinschaft IGGÖ und Gerhard Weissgrab von den Buddhisten am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Religionsvertreter unterzeichneten dabei die Erklärung "Religions for Future". Mehrere von ihnen kündigten zudem ihre Teilnahme an den für kommenden Freitag angesetzten weltweiten Klimaprotesten an.
In Kirchenkreisen werden Umwelt und Klima meist unter dem Stichwort "Schöpfung" thematisiert, verwies Weihbischof Turnovszky auf "einen von Gott erschaffenen Reichtum, der dem Menschen anvertraut ist, um ihn zu beschützen und nicht zu zerstören". Die menschliche Zivilisation sei heute durch den Klimawandel und dessen Folgen, das Verschwinden unberührter Natur, die fortschreitende Bodenversiegelung, den Trinkwassermangel sowie die Umweltverschmutzung enorm herausgefordert. Auch wenn die katholische Kirche weder eine NGO noch Teil einer bestimmten Ökologie-Bewegung sei, "ist es völlig klar, dass man nicht bloß zusehen darf", betonte Turnovszky.
Dazu seien heute im Sinne der Klimagerechtigkeit staatliche und überstaatliche Lenkungsmaßnahmen notwendig, "besonders auch zum Schutz der schwächsten und verletzlichsten Menschen", so der in der katholischen Bischofskonferenz für das Thema Jugend zuständige Bischof. Dringend nötig seien der Ausstieg aus fossiler Energie, Investitionen in umweltverträgliche Technologien und Kostenwahrheit in der Wirtschaft - "dass derjenige, der CO2-Emissionen verursacht, diese auch bezahlt statt die Kosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen", hob Turnovszky hervor. Nachsatz: "Das bedeutet Verzicht."
Der Klimawandel ist keine Glaubensfrage, sondern ein wissenschaftlich bewiesenes Faktum. Dass diese schon seit Jahrzehnten bekannt sind und Verträge unterzeichnet, aber nicht eingehalten wurden, ist ein Skandal, der zum Himmel schreit.
So der evangelische Bischof Michael Chalupka. In den christlichen Kirchen Europas sei die Ökologie spätestens seit der ersten Europäischen Ökumenischen Versammlung 1989 in Basel zu einem wichtigen Thema geworden, "doch ging es ihnen dabei wie der Wissenschaft - sie haben sich damit nicht breit durchgesetzt". Dass es der "Friday for Future"-Schülerbewegung nun gelinge, große Aufmerksamkeit zu erhalten, darüber sei man in den Kirchen sehr froh. Auch Chalupka pochte auf politische Maßnahmen und versprach, die Kirchen würden nicht müde werden, diese einzumahnen.
Kirchen wollen Vorreiter im Klimaschutz sein
Zugleich notwendig seien Verhaltensänderungen auf Seiten der Bürger, etwa durch Übernahme von Verantwortung für den eigenen ökologischen Fußabdruck und verursachte CO2-Emissionen. Der evangelische Bischof verwies hier auf das Tool "Klimakollekte" für CO2-Kompensationen bei Flugreisen, sowie auf Vorgaben für Pfarren wie etwa ein Ratgeber für umweltfreundliche Gemeindefeste. Turnovszky erwähnte ergänzend dazu u.a. ökologische Veranlagungsregelungen bei den Kirchenfinanzen, die von mehreren christlichen Kirchen getragene "Schöpfungszeit" im September, die für Oktober anstehende Amazonien-Synode sowie den "Rückhalt von oben" durch die Umweltenzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus.
Dass auch bei den Muslimen der Klimaschutz Thema ist, zeigte die Anwesenheit von IGGÖ-Vertreter Enis Buzar. Auch der Koran enthalte den klaren Auftrag an den Menschen, als Verwalter der Erde deren Gleichgewicht zu erhalten, denn "wir stehen nicht über der Natur". Als Halal-Beauftragter der IGGÖ setze er sich u.a. für die nachhaltige Produktion von Fleisch oder anderen Lebensmitteln ein, erklärte Buzar.
Gerhard Weissgrab erklärte, auch ohne Schöpfungsgeschichte im Buddhismus sei "das Kümmern um die Umwelt so alt ist wie der Buddhismus selbst". Zentral gehe es in seiner Religion um die Achtsamkeit gegenüber anderen Menschen und gegenüber der Natur, um ein "genaues Hinschauen auf die Dinge" und um die Sicherstellung der Grundlagen, um allen Lebewesen ein gutes Leben zu ermöglichen.
Prophetisches Zeichen
Ausdrücklichen Respekt äußerten die Religionsvertreter für die Schüler-Klimastreiks. Deren Galionsfigur Greta Thunberg verglich Chalupka mit Propheten aus dem Alten Testament. Diese hätten "immer dann Zeichen gesetzt, wenn ihre drängenden Anliegen nicht mehr gehört wurden", so der evangelische Bischof. Sein katholischer Amtskollege Turnovzsky, der selbst bereits an den Schülerdemos teilnahm und dies auch beibehalten will, würdigte die große Überzeugungskraft und Unbefangenheit der streikenden Jugendlichen. Ihnen komme zugute, dass sie auf vergleichsweise weniger verzichten müssten, da sie etwa noch kein Auto besäßen. Dass ihr Einsatz für Klimagerechtigkeit auf Kosten der Bildung gehe, sei zwar zu hinterfragen, "doch welche andere Handhabe haben Schüler schon?"
Als sichtbares Zeichen der Solidarität mit den Jugendlichen unterzeichneten die Religionsvertreter bei der Pressekonferenz eine Grundsatzerklärung der Initiative "Religions for Future". "Wir wollen diese Initiative aus unseren verschiedenen Glaubensüberzeugungen heraus im Respekt voreinander und vor jedem Menschen unterstützen", denn man teile die Sorge um das gemeinsame Haus der Erde und trage Mitverantwortung für dessen Erhaltung in gutem Zustand, heißt es in der Erklärung. Sie kann unter www.schoepfung.at sowie auf dem Onlineauftritt der "Fridays for Future"-Bewegung (unter "Allianzen") unterschrieben werden.
Als Vertreterin von "Fridays For Future" hob Maris Filipic hervor, dass die ökologische Krise nur gemeinsam zu bewältigen sei. Die Forderung an die politischen Entscheidungsträger sei ein Kurswechsel in der Klima- und Umweltpolitik, wiederholte Filipic eine zentrales Anliegen der internationalen Klimainitiative. Es gelte, politische Entscheidungen für sofortiges Handeln zu treffen, u.a. durch die Ausrufung eines klimabedingten bzw. ökologischen Notstandes, um "alle Kräfte für den Klimaschutz zu bündeln".
Quelle: kathpress