Eliten ohne göttlichen Gedanken nicht vorstellbar
Das Erwähltsein von Eliten ist schwer ohne einen göttlichen Gedanken vorstellbar, obwohl sich "die meisten nicht von Gott zu reden trauen und vom 'Lieben Gott' schon gar nicht". Das hat der österreichische Erfolgsschriftsteller Michael Köhlmeier in einem Interview mit dem Online-Portal religion.ORF.at dargelegt. Anlass war das 23. "Philosophicum Lech", das sich in diesem Jahr vom 25. bis 29. September dem Thema "Die Werte der Wenigen. Eliten und Demokratie" widmete. Seine These erläuterte Köhlmeier damit, dass sich die jüdisch-christliche Denkweise trotz säkularisierter Welt und Aufklärung erhalten habe. Theologische Begriffe, wie der der Erwählung, sollten bleiben, plädierte der Autor:
Alles einfach wegzuwerfen, das wäre ja aus ästhetischen Gründen schon sehr schade!
Der moralische Anspruch der Religionen - und früheren Eliten - habe sich erhalten. Aber nur dort, "wo die Aufklärung diese Ansprüche übernommen hat", so Köhlmeier im ORF-Interview. Darum sei auch das Credo der französischen Revolution "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" ohne das Christentum nicht denkbar. Und so sei "auch das Christentum ohne das Judentum undenkbar".
Letztlich könne man selbst im kommunistischen Manifest die jüdische Tradition des Karl Marx, wie auch die christliche Tradition des Friedrich Engels nachweisen. Die moralische Grundlage des Zusammenlebens sei nicht zerstört worden, "ansonsten würde unsere Spezies bereits ausgestorben sein", zeigte sich Köhlmeier überzeugt. Und weiter:
Die Aufklärung hat die beste Essenz der Religion in sich aufgehoben. Wo sie sie diese nicht mitgenommen hat, ist sie verkommen.
Eliten und Ressentiments
Der Begriff der Eliten sei von Ressentiments überlagert, kritisierte der Vorarlberger Autor. In einer Art "Begriffsreinigung" plädierte er für die Orientierung an einem "alten traditionellen Elitebegriff". Demnach seien die Eliten "diejenigen, die es auch wirklich verdienen nicht nur im moralischen Sinne, sondern auch im Sinne, dass sie auch etwas geleistet haben!"
Laut Köhlmeier müsse man auch zwischen zwei Eliten-Persönlichkeiten unterscheiden, nämlich derjenigen, "die den Neid auf sich ziehen, weil sie sich zu Unrecht Elite nennen und derjenigen, die Bewunderung auf sich ziehen, weil sie sich zurecht Elite nennen!" In diesem Zusammenhang stehe auch eine sogenannte "demokratische politische Elite", die nicht vorzuweisen habe, "außer etwas ganz Selbstverständliches, über das man nicht diskutieren muss."
Wenn man die Korruptionsbereitschaft einer "politischen Elite" beklage, so beklage man letztlich die "Korruptionsbereitschaft jedes einzelnen Menschen". Hier komme die Demokratie als eine Art von Kontrolle zum Zug. "Demokratie ist eine vollkommen unsexy Art und Weise, miteinander zusammenzuleben", meinte Köhlmeier.
Als wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech fungierte der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann, der mit Köhlmeier am Eröffnungsabend (25.9) einen "philosophisch-literarischer Vorabend" mit dem Titel "Die Erwählten" abhielt.
Quelle: kathpress