Missbrauchsfilm soll Empathie für betroffene Kinder wecken
Regisseur Francois Ozon habe mit seinem neuen Missbrauchsdrama "Gelobt sei Gott" zeigen wollen, "wie hilflos es Kinder macht, wenn sich ihnen ein Erwachsener, dem sie vertrauen, so nähert, umso mehr, wenn es sich um einen Priester handelt". Wie der renommierte französische Filmemacher in einem "Kurier"-Interview vom Mittwoch erklärte, würden viele Erwachsene oft nicht verstehen, warum sich Kinder nicht wehren oder verweigern. "Anstatt wegzulaufen, laufen sie in die Höhle des Löwen."
Den Missbrauchsakt direkt zu zeigen erschien ihm unmöglich, mit Rückblenden habe Ozon aber eine Vorstellung von den Umständen vermitteln, in denen es dazu kommen kann. Für ihn sei spannend gewesen, wie unterschiedlich die Familien auf die enthüllten Vorfälle reagieren, sagte Ozon.
Die bürgerlichen Kreise, die die katholischsten sind, verhalten sich nicht unbedingt in der besten Weise.
Francois Ozon greift in seinem ab Freitag in Österreichs Kinos zu sehenden Film die gerichtsanhängige, penibel recherchierte Geschehnisse in der Erzdiözese Lyon auf, wo der Priester Bernard Preynat über Jahrzehnte Buben missbrauchte und dessen Taten von Kardinal Philippe Barbarin nicht zur Anzeige gebracht wurden. Ursprünglich wollte Ozon, wie er berichtete, das Schicksal des Missbrauchsopfers Alexandre, eines gutbürgerlichen, katholischen Familienvaters, in den Mittelpunkt der Handlung stellen.
Dieser hatte zwei Jahre lang alleine versucht, Autoritäten der katholischen Kirche auf seinen Missbrauchsfall aufmerksam zu machen, "doch nichts geschah", schilderte der Regisseur. Dann habe Alexandre die Klage eingereicht. Ein weiterer Mann sei dazugekommen, der eine Opfervereinigung gründete und weitere Betroffene ermutigt habe, ihre Missbrauchserfahrungen zu teilen. "Die Struktur meines Films spiegelt den Ablauf der Ereignisse", sagte Ozon über sein Abweichen von üblichen Dramaturgien im Kino mit nur einem Hauptprotagonisten.
Natürlich ist das ungewöhnlich, und meine Produzenten wurden deswegen sehr nervös. Sie wollten, dass ich das ändere, aber es kam für mich nicht in Frage.
Als er nach und nach all die anderen Männer kennenlernte, die ebenfalls Opfer von sexuellem Missbrauch geworden waren, habe er erst "den großen politischen Zusammenhang" gesehen, berichtete Ozon. Aus dem geplanten "kleinen Film" wurde ein "großer Ensemblefilm" von mehr als zwei Stunden Länge.
Gegen Verharmlosung von Pädophilie
Der Filmemacher bezeichnete es als ein Problem der Kirche, dass Pädophilie lange Zeit einfach "nur" als Sünde gegolten habe, so wie Homosexualität oder eheliche Untreue.
Es hat ziemlich lange gedauert, bis anerkannt wurde, dass Pädophilie ein Verbrechen und eine weitverbreitete Plage innerhalb der Institution ist, und nicht 'bloß eine Sünde'.
Er selbst "hatte eine katholische Erziehung, über die ich sehr froh bin", erzählte Ozon. "Sie war für mich und meine Kultur sehr wichtig, weil sie mich den Geschmack von Sünde und Grenzüberschreitung gelehrt hat." Als Teenager habe er sich von der Kirche abgewendet, "als ich meine eigene Sexualität und die Scheinheiligkeit der kirchlichen Institution entdeckte".
Quelle: kathpress