Scheuer: Christen sollen andere nicht im Stich lassen
Bischof Manfred Scheuer hat dazu ermutigt, Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen. "Wer sich für keinen verantwortlich fühlt, wer für niemand Sorge trägt, der geht am Evangelium vorbei, bei dem ist etwas faul", sagte der Linzer Oberhirte in einer Predigt zum "Fest der Heiligen Familie", das in der katholischen Kirche jeweils am ersten Sonntag nach Weihnachten gefeiert wird. Die Botschaft der Bibel mute dem Menschen zu, "dass wir einander aufgetragen sind, einander Patron sind, füreinander sorgen, Verantwortung tragen, einander Hüter und Hirten sind", so Scheuer.
Als Vorbild an Solidarität und Sorge füreinander präsentierte der Bischof den heiligen Josef. Der als Zimmermann tätige Nährvater Jesu, der auch als Schutzpatron der katholischen Kirche verehrt wird, sei für Jesus und dessen Mutter Maria ein "Schutzraum in der Bedrohung und Verfolgung" gewesen, wie aus den biblischen Schilderungen der Abweisung in den Herbergen und auf der Flucht nach Ägypten hervorgehe. Josef habe zudem Jesus Gott "als Vater dargestellt und vorgestellt" und ihm dadurch erst ermöglicht, über einen himmlischen Vater so wie im Gleichnis vom verlorenen Sohn und dem barmherzigen Vater reden zu können.
So wie Josef Maria nicht im Stich gelassen habe und ihr zur Seite gestanden sei, sollten alle gegenüber Notleidenden handeln, fuhr Bischof Scheuer fort. Derartige "Patrone der Menschlichkeit und der Solidarität" gebe es auch heute viele - "Menschen, die für andere da sind, für Menschen in akuten Notsituationen, für Menschen mit Suchtproblemen, für wohnungslose Menschen, für Arbeitslose, für Menschen mit Behinderung, für alte und pflegebedürftige Menschen, für sterbende und trauernde Menschen und deren Angehörige", hob der Bischof würdigend hervor. Wer so handle, übernehme "Verantwortung für das Miteinander".
Auch auf die Übernahme von Verantwortung und Fürsorge gegenüber Kindern, in der Familie und in erzieherischen Tätigkeiten ging Scheuer detailliert ein. Erwachsene sollten "generative Menschen" sein, die "selbst auf festem Grund stehen, Vertrauen vermitteln und Freude am Blühen anderer haben" und ihre Energien und Zeit nicht in erster Linie für Selbstbehauptung oder für eigene Interessen einsetzten. Wer gerne benötigt werde, beherrsche die "Kunst der Lebensweitergabe" und schütze sich damit auch selbst vor einer "seelischen Deformierung" und vor einer Stagnation des Lebens.
Scheuer äußerte sich im Rahmen eines Gottesdienstes im Linzer Karmelkloster. Die Verehrung des heiligen Josefs kennzeichnet bis heute die Spiritualität des Karmeliterordens, nachdem auch die Ordensreformerin Teresa von Avila (1515-1582) alle von ihr gegründeten Gemeinschaften nach ihm benannt hatte. Scheuer bemerkte, dass mit den Heiligen seit jeher die "Präsenz der befreienden und erlösenden Macht Gottes" assoziiert werde. Ihre Verehrung habe einst Schranken zwischen gesellschaftlichen Klassen und Gruppen beseitigt und "Hoffnung auf Überwindung unmenschlicher Gewalt und Ungerechtigkeit" ausgedrückt.
Quelle: kathpress