Kunstinstallation zur Fastenzeit in Pfarre St. Andrä
"Kreuzfahrt": Diesen doppelsinnigen Titel trägt eine Installation des steirischen Künstlers Erwin Lackner, die seit dem Aschermittwoch den Innenraum der Grazer St.-Andrä-Kirche dominiert: Zwei Kanus aus Aluminium sind zu einem griechischen Kreuz zusammenmontiert und machen "die Ausweglosigkeit derer sichtbar, die dieses Boot benutzen wollen", wie die Diözese Graz-Seckau auf ihrer Website zu dieser Fastenzeit-Initiative mitteilt. Mit der Boot-Metapher klingt die Flüchtlingsbewegung dabei ebenso an wie das mit einem Kreuzweg verbundene Leiden.
"Es ist kein Zeichen des Heils, auch kein Identitätszeichen für das Abendland, im Gegenteil", heißt es über dieses Kreuz im Begleittext von "Kultum"-Leiter Johannes Rauchenberger und Hochschulseelsorger Alois Kölbl, den beiden Kuratoren. Die Spannung zwischen einer "übersättigten Wohlstandsgesellschaft mit starkem Mitteilungsbedürfnis" und jenen Fluchtwilligen, die per Booten ein besseres Leben erreichen wollen, sei gerade am Aschermittwoch "ins Unerträgliche gesteigert".
Die genannte Übersättigung verdeutlicht eine zweite Intervention Lackners in der für ihre Ausstattung mit moderner Kunst bekannten Pfarrkirche St. Andrä -Kirche: Kirchenbesucher sehen auf den Sitzbankreihen "Foodporn" betitelte Bildtafeln, die gemalte Speisen auf Tellern zeigen. Der 69-jährige Künstler greift mit seinen Darstellungen von Schokotorten mit Schlag, von Langusten mit Zitrone, Fast-Food-Menüs oder Schinken-Käse-Toasts den Trend auf, Essensfotos in sozialen Medien zu posten. Die 40 die Sicht auf den Altar verstellenden Bilder seien "angesichts einer Weltsituation, in der so viele nichts zum Essen haben", ein deutlicher Denkanstoß am Aschermittwoch und den damit verbundenen Fastenappellen, so die Diözese Graz-Seckau.
Warum eigentlich zeitgenössische Kunst im Kirchenraum? Als Antwort auf diese Frage finden sich auf der Website der Pfarre St. Andrä Überlegungen des Kunsthistorikers, ehemaligen Pfarrers und jetzigen Innsbrucker Bischofs Hermann Glettler: Kirche sei "als Gottesort der natürliche Umschlagplatz für alle Fragen, die die menschliche Existenz betreffen". Gegen die Banalisierung des Lebens und "gegen alle gesellschaftlichen Tendenzen zur Verflachung" brauche es Kunst, die "verstört und attackiert". Auch gelte es im kirchlichen Kontext "das Unerwartete und den Unerwarteten, das Fremde und den Fremden so weit wie möglich anzusehen, auszuhalten und wertschätzen zu lernen" - dafür sei die Beschäftigung mit zeitgenössischer Kunst eine unersetzliche Schule, hielt Glettler noch in seiner Pfarrerszeit fest. (Link: www.andrae-kunst.org)
Zwei Fastenausstellungen im "Kultum"
Das Grazer "Kultum" (Kulturzentrum bei den Minoriten) präsentiert zur "Kunst zur Fastenzeit" eine Ausstellung von Erwin Lackner unter dem Motto "Wie wir leben wollen" : Auch hier geht es um die Konfrontation mit dem Luxus auf der einen und mit dem allgemeinen Leid dieser Welt auf der anderen Seite. "Kreuzfahrer" erweist sich dabei als vielschichtiger und ambivalenter Titel für Werke - Ölbilder, animierte Schriftbilder, Skulpturen, aber vor allem Grafiken, für die der Künstler mit einem Artmarker-Stift ein ganz spezielles Verfahren entwickelt hat, wies "Kultum"-Leiter Rauchenberger hin. Eigens für diese Ausstellung sei ein so gezeichneter Kreuzweg-Zyklus entstanden.
Eine zweite, ebenfalls von Aschermittwoch bis 21. März zugängliche Ausstellung im "Kultum" zeigt bedrohte, fragile, aneinander gefesselte Körper, mit denen Iris Christine Aue das "tägliche Machtgefälle in menschlichen Beziehungen" thematisiert. Bezeichnender Titel: "Himmel & Hölle". (Info: www.kultum.at)
Quelle: kathpress